Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

511 
Wissenschaften der oberen Facultäten, alle, so weit sie theoretisch 
sind; weil sie kritisch ist, prüft sie die Boraussetzungen, von de 
nen jene in statutarischer Weise ausgehen. So verhalten sich die 
oberen und die untere Facultät zu demselben Object, die einen 
positiv, die andere kritisch. Hieraus entsteht „der Streit der 
Facultäten", und zwar der unvermeidliche Streit. Ein noth 
wendiger Streit muß auch ein erlaubter und gesetzmäßiger sein 
können. Daher kommt alles darauf an, den gesetzmäßigen Streit 
der Facultäten von dem gesetzwidrigen genau zu unterscheiden. 
Es leuchtet ein, daß jenes Verhältniß der rationalen Wissenschaft zu 
den positiven, der theoretischen zu den praktischen, der Kritik zur 
Satzung gleichkommt dem Verhältniß der unteren Facultät zu 
den oberen*). 
3. Der gesetzwidrige Streit. 
Was einen Streit unrechtmäßig macht, ist die Beschaffen 
heit entweder seiner Materie oder seiner Form: der Materie, wenn 
es sich um eine Sache handelt, die keinen Streit erlaubt; der 
Form, wenn der Streit auf eine gesetzwidrige Art geführt wird. 
Wissenschaftlich genommen, muß jedes Object der Untersuchung 
ausgesetzt, also disputabel sein. Aus sachlichen Gründen giebt 
es zwischen den Facultäten keinen gesetzwidrigen Streit. Wenn 
über diese Objecte zu streiten, an sich verboten wäre, so gäbe es 
von Rechtswegen gar keine Wissenschaft. 
Es ist mithin nur die Form oder die Art und Weise der 
Streitführung, die gesetzwidrig sein kann. Sie ist es, wenn die 
Gegner nicht um der Sache willen streiten, sondern um den sub- 
jectiven Vortheil, um das persönliche Ansehen, um den prak- 
*) Ebendas. I Abschn. I. 2. Ab sch n. Begriff und Eintheilung der 
unteren Fac. — Bd. I. S. 222—225.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.