Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

501 
triarchen. Die Pflicht, ein guter Mensch zu sein, ist in Nathan 
die erste; „die große Pflicht zu glauben", abgesehen von aller Ge 
sinnung, gilt dem Kirchenfürsten als die oberste von allen, die 
Gesinnung und das innere Leben hält er für nichts. Den Glau 
ben praktisch zu machen, die Religion zu läutern von aller un 
fruchtbaren Glaubensschwärmerei, das ist in Nathan's Erziehung 
die weise und wahrhaft fromme Absicht. Was gilt ein Glaube, 
der sich nicht praktisch bethätigen kann? Wenn sich Recha's 
Phantasie im frommen Wunder- und Engelglauben wohlgefällt, 
so zeigt ihr Nathan den unfruchtbaren Kern in dieser schimmern 
den Hülle. 
„ — einem Engel, was für Dienste, 
Für große Dienste könnt ihr dem wohl thun? 
Ihr könnt ihm danken; zu ihm seufzen, beten; 
Könnt in Entzückung über ihn zerschmelzen: 
Könnt an dem Tage seiner Feier fasten, 
Alniosen spenden. — Alles nichts. — Denn mich 
Deucht doch immer, daß ihr selbst und euer Nächster 
Hierbei weit mehr gewinnt als er. Er wird 
Nicht satt durch euer Fasten; wird nicht reich 
Durch eure Spenden; wird nicht herrlicher 
Durch euer Entzücken; wird nicht mächtiger 
Durch euer Vertrauen. Nicht wahr? Allein ein Mensch!" 
Die Religion des guten Lebenswandels im Gegensatze zur 
bloßen Glaubensschwärmerei ist das Thema in Nathan's erster 
Unterredung mit Recha. Derselbe Gegensatz ist das erste Thema 
in Kant's Religionslehre und läßt sich nicht besser aussprechen 
als mit jener Mahnung Nathan's: 
Geh! — Begreifst du aber, 
Wie viel andächtig schwärmen leichter, als
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.