Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

*) Ebendas. III St. II Abth. - Bd. VI. S. 304-313. 
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mehr über Existenz und Nichtexistenz der Glaubensobjccte; die 
moralische Vernunft hat begriffen, daß der Geschichts- und Kir- 
chenglaube nichts vermag zur Erlösung und Seligkeit des Men 
schen; die Welt nimmt zu in der Einsicht, daß der religiöse 
Glaube seine Wurzel in der Gesinnung habe, die jeden äußeren 
Zwang ausschließt, daß kein äußerer Gewissenszwang geübt wer 
den dürfe, daß die oberste Staatsgewalt selbst moralisch verpflich 
tet sei, die Gewissensfreiheit zu achten und zu schützen. Damit 
sind die Bedingungen gegeben, unter denen der moralische Glaube 
Raum gewinnen, die sichtbare Kirche ihrem wahren Ziele, der 
unsichtbaren, zustreben, mit der unsichtbaren Kirche das Reich 
Gottes erscheinen kann, nicht als ein messianisches Ende der 
Welt, wie cs die Apokalypse verkündet, sondern als ein mora 
lisches in dem Willen und den Gesinnungen der Menschen. „Das 
Reich Gottes kommt nicht in sichtbarer Gestalt. Man wird auch 
nicht sagen: siehe hier oder da ist es, denn sehet, das Reich Got 
tes ist inwendig in euch!"*) 
IV. 
Das Religionsgeheimniß. 
1. Der Begriff des Mysteriums. 
Unter dem Gesichtspunkte der Vernunftreligion erscheint die 
Kirche und ihre Gemeinschaft gegründet auf den moralischen 
Glauben. Diesem Begriff der Kirche liegt jenseits der Vernunft- 
grenzen eine andere Vorstellungsweise gegenüber, die den Grund 
der Kirche als ein undurchdringliches und heiliges Geheimniß 
betrachtet. 
Heilig kann ein Geheimniß nur sein, sofern es moralischer 
Natur ist. Wie aber kann das Moralische geheimnißvoll sein?
	        
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