Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Frage: was ist der Mensch von Natur in Rücksicht des Guten 
und Bösen? 1) Die Rigoristen urtheilen: „der Mensch ist von 
Natur entweder gut oder böse;" 2) die Jndifferentisten: „der 
Mensch ist von Natur weder gut noch böse;" 3) die Synkre 
tisten: „der Mensch ist von Natur sowohl gut als böse." 
Das Gute ist die zur Maxime gewordene Pflicht, das zur 
Gesinnung gewordene Sittengesetz. Dieses Gesetz ist nur eines, 
es gilt in allen Fällen; wenn es in einigen Fällen nicht gilt, so 
gilt es überhaupt nicht. Es ist unmöglich, daß es zugleich gilt 
und nicht gilt: mithin ist der Standpunkt des Synkretismus un 
möglich. 
Jede Handlung hat ihre Motive; sie ist gut, wenn ihre all 
einige Triebfeder das Sittengesetz ist. Wenn ihre Triebfeder das 
Sittengesetz nicht ist, so hat sie andere Motive; alle Beweggründe, 
welche das Sittengesetz nicht sind, sind demselben entgegengesetzt. 
Die Abwesenheit des Sittengesetzes ist nothwendig die Anwesen 
heit einer anderen, d. h. einer entgegengesetzten Triebfeder. Es 
giebt zwischen Gutem und Bösem nichts Mittleres; es giebt in 
Rücksicht des Guten und Bösen keine Indifferenz: mithin ist der 
Standpunkt des Jndifferentismus ebenfalls unmöglich. 
Der einzig mögliche Standpunkt ist demnach der rigoristische. 
Diesen Standpunkt nimmt Kant, ohne den Vorwurf der Schroff 
heit zu achten, der gewöhnlich dem Rigorismus gemacht wird. 
Die Moral soll schroff sein. Der rigoristische Standpunkt duldet 
keine andere Triebfeder als die Pflicht, er duldet keinerlei Verei 
nigung oder Vermischung der Pflicht mit der Neigung. Eben 
diese Vereinigung war es, der Schiller in seiner Abhandlung über 
Anmuth und Würde in ästhetischer Rücksicht das Wort geredet 
hatte. Er wollte, daß die Neigung der Pflicht gleichkomme, daß 
die Pflicht selbst Neigung werde. In diese Uebereinstimmung
	        
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