Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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drei Stadien oder Stufen, die sich in dem Erlösungsproceß der 
Menschheit unterscheiden. Die Herrschaft des Bösen im Men 
schen ist das Erste, der Ausgangspunkt der Erlösung; die voll 
endete Herrschaft des Guten ist das Letzte, der Zielpunkt der Er 
lösung. Diese Herrschaft ist ein Sieg des Guten, der den Kampf 
mit dem Bösen voraussetzt: so liegt in der Mitte zwischen den 
beiden Extremen, nämlich der Herrschaft des Bösen und dem 
Siege des Guten, „der Kampf des guten Princips mit dem bösen 
um die Herrschaft über den Menschen." 
Die religiöse Betrachtung des Guten und Bösen ist von der 
moralischen unterschieden. Unter dem moralischen Gesichtspunkte 
wird bestimmt, was gut und böse ist. Diese Bestimmung bleibt 
genau dieselbe unter dem religiösen Gesichtspunkt; es giebt nicht 
etwa verschiedene Erklärungen des Guten und Bösen, eine an 
dere von Seiten der Moral, eine andere von Seiten der Reli 
gion. Gut ist der Wille, der durch nichts anderes motivirt 
wird als allein durch die Borstellung der Pflicht; das Böse ist 
das Gegentheil des Guten. Der Glaube ändert an diesen Be 
griffen nicht das Mindeste, er vertieft und erweitert sie nur ver 
möge seiner ganzen Betrachtungsweise. Sein Object ist die Er 
lösung d. h. die Vollendung des Guten. Was erlöst wird, muß 
von etwas erlöst werden; wovon wir erlöst werden sollen, ist 
das Uebel im moralischen Sinn (das Böse). Zur Vollendung 
und zum wirklichen Siege des Guten gehört, daß wir das Böse 
gründlich überwunden haben, daß wir in der Wurzel davon er 
löst sind. So ist die Wurzel des Bösen eigentlich dasjenige, 
wovon wir erlöst sein wollen. Die Vorstellung von dem Grunde 
des Bösen hängt darum mit der Vorstellung der Erlösung auf 
das genaueste zusammen. Und in diesem Punkte unterscheidet 
sich die religiöse Betrachtungsweise von der moralischen. Diese 
Fischer, Geschichte der Philosophie IV. 2'. Rufi. 25
	        
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