Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

Erstes Capitel. 
Vernunftb ediirfniß und Vernnnftglaube. Problem -er 
Theo-icee. Das Wettende. 
Bevor wir die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen 
Vernunft betrachten, müssen wir, um uns bildlich auszudrücken, 
genau den Ort bestimmen, den sie auf dem globus intellectualis 
der kritischen Philosophie einnimmt. Schon vor der kritischen 
Epoche und noch unter dem Einfluß einer skeptischen Erfahrungs 
philosophie hatte Kant ausdrücklich erklärt, daß die Sittlichkeit 
unabhängig sei von aller wissenschaftlichen Einsicht, daß der reli 
giöse Glaube abhängig sei nur von der sittlichen Gemüthsverfas 
sung. Darin lag indirect die Unabhängigkeit der Religion von 
der Erkenntniß. Dieses Verhältniß bleibt gültig; es wird durch 
die kritischen Untersuchungen nicht geändert, nur tiefer begründet 
und aus der Natur der menschlichen Vernunft selbst begriffen. 
Die Vernunftkritik macht die Entdeckung, daß unsere ein 
zigen Erkenntnißvermögen Sinnlichkeit und Verstand, unsere ein- 
; jigen Erkenntnißobjecte die sinnlichen Erscheinungen sind, daß 
aus diesem Grunde eine Erkenntniß übersinnlicher Objecte un 
möglich ist. Solche Objecte sind denkbar, aber nicht erkennbar. 
: Sie sind Vernunftpostulate, aber nicht Vernunftobjecte; sie sind 
moralische Ideen, nicht wissenschaftliche Begriffe. Es giebt dar- 
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