Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Aufklärung selbst höher; wenn beide bloß glauben, was ander« 
lehren und weil andere es lehren, so stehen sie im Sinne der Auf 
klärung auf völlig gleichem Fuße. Aufklärung ist nichts anderes 
als „Selbstdenken". Der Eine sei durch eigenes Nachdenken 
zum Irrthum gekommen, der Andere habe die lautere Wahrheit 
gedankenlos empfangen: wer von beiden ist von der Aufklärung 
dem Geiste nach mehr durchdrungen? Die menschliche Aufklä 
rung kann den Irrthum nicht ausschließen, sie begegnet ihm über 
all, aber sie soll unter allen Umständen das eigene Denken ein 
schließen. Nun will das selbstthätige Denken gebildet und erzo 
gen werden. Wo diese Bildung und Erziehung fehlt, da fehlt 
für die Aufklärung alles fruchtbare Feld, da ist sie am unrechten 
Platze, da giebt es keine wahre Aufklärung, sondern eitle, er- 
solglose und eben darum schädliche Aufklärerei. In diesem 
Punkte denkt Kant genau, wie Lessing dachte, als er die jose- 
phinischen Experimente in Oestreich verwarf. 
Besteht aber die ächte Aufklärung im Selbstdenken, so ist 
sie keineswegs so leicht und so populär, als die gewöhnlichen Auf 
klärer meinen. Nur das Leichte ist populär. Selbst denken ist 
schwer, denn es kostet Mühe und Zeit. Nichts ist leichter als ei 
nen Vormund haben, der unsere Angelegenheiten besorgt; nichts 
ist bequemer als die Unmündigkeit. Die Liebe zur Bequemlich 
keit ist Faulheit, die Abneigung gegen das Schwierige ist Furchte 
und Feigheit. Die Aufklärung verlangt Anstrengung und Muth, 
sie verlangt einen Aufwand von Kräften, den die menschliche Na 
tur, faul und furchtsam wie sie ist, eher vermeidet als sucht. 
Die Menschen lassen lieber andere für sich denken und sorgen, aß 
daß sie selbst denken und selbst ihre Angelegenheiten führen; in 
ihrer eigenen Natur lebt der größte Feind aller wahren Aufklä 
rung. Wenn das Joch der Vorurtheile auf den menschlichen 
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