Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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II. 
Der wahre Begriff der Bewegung. 
Bewegung und Ruhe als räumliche Relation. 
Hier ist der Ort, nachträglich einer Schrift zu gedenken, die 
noch in Kant's vorkritische Periode gehört, und die wir damals 
geflissentlich nicht erwähnt haben. Es ist eine kleine, sehr scharf 
sinnige Abhandlung aus dem Jahre 1758, die den Titel führt: 
„Neuer Lehrbegriff der Bewegung und Ruhe". Um den frucht 
baren Grundgedanken dieser Schrift in seiner Wichtigkeit und 
Tragweite zu erkennen, müssen wir sie im Zusammenhange mit 
den „metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft" dar 
stellen, die das Phänomen der Bewegung ebenso auffassen und 
beurtheilen, als Kant achtundzwanzig Jahre vorher den „neuen 
Lehrbegriff" derselben bestimmt hatte. Es wird hier der Begriff 
der Bewegung untersucht und in einer Weise bestimmt, daß da 
durch die herkömmlichen Begriffe der Ruhe und Trägheit voll 
kommen widerlegt werden. Man kann schon daraus ermessen, 
wie wichtig dieses Ergebniß für die kantische Naturphilosophie 
sein wird. Denn ist die Materie nur in ihrer Bewegung erkennbar, 
so hört entweder die Naturphilosophie eben da auf, wo die Be 
wegung der Materie aufhört, wo also die Ruhe der Materie ein 
tritt, oder es darf im eigentlichen Verstände gar nicht behauptet 
werden, daß die Materie ruht. 
Und doch scheint der Begriff der Bewegung selbst den der 
Ruhe und Trägheit zu fordern. Setzen wir nämlich, daß die 
Materie ihre Bewegung von außen empfängt, so muß als ihr 
ursprünglicher Zustand offenbar die Nichtbewegung oder Ruhe gel 
ten; setzen wir, daß die Materie jeder äußeren Bewegung Wi 
derstand leistet, so muß sie offenbar das Bestreben haben, in ih
	        
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