Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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zur 5. ^Die moralische Selbstprüfuu g. 
der Mer weder die innere Gemüthsfreiheit und Herrschaft über 
^■9 sich selbst noch die moralischen Empfindungen sind an sich schon 
der Tugend. Die Tugend liegt nur in der Maxime, in der 
* er Maxime, die nichts enthält als die Pflicht. Hier ist es sehr 
'der leicht, daß eine andere Absicht mit aller Harmlosigkeit den Schein 
im: her Pflicht annimmt, daß sich das gute, im Grunde eigenliebige 
dste Herz als Pflichtbewußtsein geberdet und das tugendhafte Han- 
hs- dein an der Wurzel verdirbt. Nichts ist natürlicher als diese 
Hk. Vermischung der Pflicht mit der Neigung, als diese stille und 
cln unwillkürliche sophistische Ueberredung, die unsere Neigungen 
b n - und Wünsche als Pflichten erscheinen läßt; nichts ist dem mora 
le lischcn Handeln, der Lugend im strengen Sinne, gefährlicher. 
Darum ist vor aller Pflichterfüllung nöthig, daß man das rin 
ge- willkürlich Vermischte genau sondert und tief in das eigene Herz 
Esi hineinblickt, um die. wahre Pflicht von der falschen, das Wesen 
Jet vom Schein zu unterscheiden. Diese Prüfung ist die moralische 
m '' Selbsterkenntniß. „Prüfe dein Herz!" ist das erste Gebot aller 
>o- Pflichten; es ist die erste Pflicht gegen sich selbst als Bedingung 
on aller anderen. Die Höllenfahrt, wie Kant sagt, ist der Weg 
zur Vergötterung. Jene moralische Selbstprüfung ist unsere 
n, Höllenfahrt. Sie führt durch eine Scylla und Charybdis, die 
ist beide glücklich vermieden sein wollen, oder wir leiden moralischen 
Schiffbruch, den schlimmsten von allen. Die eine Klippe ist die 
r- „schwärmerische Selbstverachtung", die andere die „eigenliebige 
Selbstschätzung", die falsche Demuth und der falsche Stolz. 
Wer in sein eigenes Herz schaut und sich in der Ueberzeugung 
l. gleichsam wohlthut: „ich bin zu allem Guten vollkommen un 
fähig," der ist an der einen Klippe gescheitert; wer in sein eige-
	        
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