Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Herrscht. Das Recht des Staates gegenüber den Einzelnen ist 
die , unbedingte Geltung seiner Gesetze. Das Gesetz wird gegeben; 
das gegebene wird ausgeführt, es gilt als Norm des öffentlichen 
Handelns; nach dem gegebenen Gesetze wird Recht gesprochen 
in jedem Falle, wo das Recbt streitig oder verletzt ist. Das 
Recht des Staates ist zugleich die Gewalt. Das Staatsrecht 
begreift darum diese drei Gewalten in sich: die gesetzgebende, aus 
führende , rechtsprechende. 
Nur das Gesetz herrscht. Die herrschende Staatsgewalt, 
die oberste in jener politischen Trias, ist darum die gesetzgebende, 
diese ist der eigentliche Souverän, das Staatsoberhaupt. Was 
die gesetzgebende Gewalt bestimmt, das ist absolut rechtsgültig 
und darf nicht verletzt, noch weniger umgestoßen werden: das 
ist die eigentliche Staatsvernunft. Das Gesetz selbst kann nicht 
Unrecht sein. Das Unrecht geschieht nur gegen das Gesetz. Das 
Gesetz selbst kann nicht Unrecht thun, alles Unrecht kehrt sich ge 
gen das Gesetz. Darum verlangt die öffentliche Gerechtigkeit, 
daß von der Natur der gesetzgebenden Gewalt alle Bedingungen 
des Unrechtthuns ausgeschlossen sein müssen. Hier gilt der Satz: 
„du hast es selbst gewollt; also geschieht dir kein Unrecht (volenti 
non fit injuria)!“ Mithin ist die einzige Bedingung, unter der 
die Gesetze niemals Unrecht thun können: daß sie von allen ge 
wollt sind , daß die gesetzgebende Gewalt den Willen des ganzen 
Volks in sich vereinigt. Solche Gesetze, die auf dem Willen aller 
beruhen, können im menschlichen Sinn irren, niemals im politi 
schen. Sie können vielleicht unrichtig sein, aber nicht Unrecht 
thun, weil niemand da ist, dem das Unrecht geschehen könnte. 
Es erscheint darum im Sinne der öffentlichen Gerechtigkeit nö 
thig , daß in der gesetzgebenden Gewalt alle Staatsbürger reprä- 
sentirt sind, daß vor dem Gesetz alle ohne Ausnahme gleich sind.
	        
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