Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

141 
Wille oder „praktische Vernunft". Aber der Wille ist nur dann 
frei, wenn er durch kein anderes Gesetz als das eigene bestimmt 
wird, und das Gesetz der Freiheit konnte nie ein empirisches, 
sondern nur ein reines Vernunftgesetz sein. Die Vorstellung, 
wonach die Freiheit handelt, darf keine andere sein, als die reine 
Vernunft selbst. Also vollendet sich der Begriff der Freiheit in 
diesen drei Bestimmungen: sie ist praktisch, das ist ihr Unter 
schied von den Erkenntnißvermögen; sie ist Wille, das ist ihr 
Unterschied von den mechanischen Kräften; sie ist bestimmt durch 
die reine Vernunft, das ist ihr Unterschied von allen Vermögen, 
die heteronomisch oder empirisch bedingt sind. Mit einem Worte 
gesagt: Freiheit ist „reine praktische Vernunft", sie ist die prak 
tische Vernunft, welche rein, die reine Vernunft, welche prak 
tisch ist. Sie ist reiner Wille. 
In der Kritik der theoretischen Vernunft haben wir ein Ver 
mögen der reinen Anschauung und des reinen Verstandes kennen 
gelernt. In der Kritik der praktischen Vernunft handelt es sich 
um das Vermögen des reinen Willens. Es gab eine empirische 
Anschauung im Unterschiede von der reinen, ein empirisches Ur 
theil im Unterschiede vom reinen Urtheil, der Function des reinen 
Verstandes; um die reine Anschauung und den reinen Verstand dar 
zustellen, mußten wir Anschauung und Verstand von allen empi 
rischen Bestandtheilen reinigen: diese Reinigung vollzog die Ver 
nunftkritik in ihrer Analytik. Ebenso müssen von der praktischen 
Vernunft alle empirischen Bestandtheile ausgesondert werden, 
um die reine praktische Vernunft, den reinen Willen darzustellen. 
Diese Aufgabe löst die „Analytik der praktischen Vernunft"*). 
*) Kr. d. pr. Bern. I Theil. I Buch. Die Analytik der reinen 
praktischen Vernunft. I Hptst. Von den Grundsätzen der rein. pr. Bern. 
— Bd. IV. S. 116 — 146.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.