Volltext: Kant's System der reinen Vernunft auf Grundlage der Vernunftkritik [4. Band. Zweite rev. Auflage] (4,2 / 1869)

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Denken wir uns das Sittcngesetz erfüllt, so bildet es eine 
Ordnung oder einen Zusammenhang vernünftiger Wesen, die sich 
gegenseitig als Zwecke achten und behandeln, deren keines das 
andere zu seinem Mittel herabwürdigt. Wenn diese Ordnung 
auch die Dinge in sich begreift, so bildet sie ein „Reich der 
Zwecke", worin alles entweder einen Preis oder eine Würde 
hat. „Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas 
anderes als Aequivalent gesetzt werden; was dagegen über allen 
Preis erhaben ist, mithin kein Aequivalent verstattet, das hat 
eine Würde." Würde hat in diesem Reiche nur die Person, 
aber die Person als solche, d. h. jede Person. Diese so geord 
nete Welt ist die moralische Ordnung der Dinge: die moralische 
Weltordnung ist der Zweck des Sittengesetzes *). 
III. 
Das Sittengesetz als Autonomie des Willens. 
1. Heteronomie und Autonomie. 
Es ist noch eine Bestimmung nothwendig, die den morali 
schen Grundcharakter des Sittengesetzes erst wahrhaft ausmacht 
und erfüllt. Denn die allgemeine Geltung des Gesetzes, die all 
gemeine Geltung der Menschenwürde machen, für sich genommen, 
noch nicht den moralischen Charakter. Das Sittengesetz gelte in 
strenger Allgemeinheit, ausnahmlos wie ein Naturgesetz, jede 
Person bilde ein Glied in der Zweckgemeinschaft aller, jede Per 
son gelte nach dem obersten Gesetze der sittlichen Ordnung als 
Zweck, jede erfülle das Gesetz in pünktlichem Gehorsam, so kommt 
es noch immer darauf an, aus welchem Beweggründe das 
Gesetz erfüllt wird. Wenn das Gesetz willenlos befolgt wird, in 
blindem Gehorsam, so herrscht es als Naturgesetz, und von einer 
*) Ebendaselbst. II Abschn. — Bd. IV. S. 58. 59.
	        
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