ERLÄUTERUNG DER TAFELN
IX
Fig. I giebt das Skelet des rothen Affen oder Patas (Cerc als eines wirklich typischen Affen, im
erwachsenen Zustande mit ausgebildeten, noch nicht abgenützten Zähnen und in einer Stellung, um die eigenthümliche Mannichfaltigkeit
in der möglichen Bewegung dieser Gruppe anzuzeigen. Fig. II nnd III ist der Schädel einer als Typus eines amerikani¬
schen Affen mit vollständig entwickelten Zähnen (6 Backzähne jederseits), mit breiter Nase und doppelten Nasenbeinen dargestellt.
Das Skelet eines Loris, Fig. IV, in schreitender Stellung, mit abgerückten Daumen an Vorder- und Hinterhänden; die langen
sehr schlanken Glicdmaassen mit dünnen Röhrenknochen sind vorzüglich zum Klettern geschickt. Die weiten Augenhöhlen sind zur
Aufnahme der sehr grossen Augen eingerichtet.
Das Skelet einer Fledermaus, Fig. VI, auf dem Rücken liegend, mit abgerücktem nageltragendem Daumen der Vorder¬
hand, nnd den schmalen, in der Floghaut liegenden, nur etwas entfalteten übrigen Knochen der Hand und dem eigentümlichen,
spornförmigen Fortsatz an der Fusswurzel. Fig. VII ist ein ähnliches Skelet einer anderen einheimischen Art, sitzend oder vielmehr
kriechend dargestellt. Die spitzhöckerigen Zähne dieser einheimischen, insectenfressenden Arten weichen sehr ab von denen der
früchtefressenden Fledermäuse auf der südlichen Hemisphäre (Fig. VIII). Das Oberschenkelbein der Fledermäuse mit solchem Ge¬
lenkkopf, wie Fig. X, ist zum Gehen durchaus nicht geschickt. Das Ellenbogenbein ist ein blosser Anhang der Speiche (Fig. XIII),
hat aber eine eigne Patelle.
Die Inscctivoren sind meist kleine, nächtliche, unter der Erde lebende, grabende Thiere. Unter ihnen das kleinste
bekannte Säugethier (Fig. XIV), eine Spitzmaus (Sorex minimus deren zartes Skelet alle einzelnen
Abtheilungen und Bildungen der übrigen Säugethiere zeigt. Unten gegenüber (Fig. XVII) hat der Maulwurf, mit seinem Rüsselkno¬
chen in der emporgehobenen Schnauze, seine vorderen Extremitäten wie Schaufeln zum Graben gestellt. Das Detail (Fig. XVIII)
zeigt die zweckmässige Kürze und Breite der mit starken Muskelfortsätzen versehenen Knochen, ein schmales Schulterblatt, mit sehr
kurzem, würfelförmigem Schlüsselbein. Die hinteren Extremitäten sind zum Gehen gebaut, während der Fuss einer anderen Gattung,
der Rüsselmaus, Myogale, Fig. XIX f. mit abgeplatteten, zu einem Ruder verbundenen Mittelfussknochen und Phalangen, zum
Schwimmen geschickt, versehen ist.
Das Charakteristische der Nage thiere ist der Schädel mit dem Gebisse (Fig. XX —XXV); die blasenartig erweiterte
Trommelhöhle z. B. der Schläfer, Myoxus(Fig. XXII—XXIV) dehnt sich bei Dip na sogar oben bis an das Hinterhaupt im Schläfebein
aus (Fig. XX und XXI), wodurch der resonirende Raum sehr vergrössert wird. Das Charakteristische des fast den ganzen Unter¬
kiefer ausfüllenden Schneidezahns und des länglichen, eine freie Bewegung nach vorn und hinten gestattenden Gelenkhöckers tritt in
Fig. XXV hervor. Die Springmaus, JDtpus aegyptius,Fig. XX, zeigt eine Verkürzung der vorderen, eine Verlängerung der
hinteren Extremitäten. Diese erinnern in ihrem Bau lebhaft an die Bildung der blos zum Laufe organisirten Einhufer und Wieder¬
käuer (Tab. V) und der Vögel (Tab. IX und X), wo mit der Verlängerung derselben das Schienbein als eigentlicher
Stützpunct sich stärker entwickelt, während das Wadenbein sehr kurz wird und mit der Tibia verschmilzt; auch die Mittelfussknochen
vereinigen sich zu einem langen Röhrenknochen. Am Fersenbein erscheinen Sehnenknochen, eine Art Fersenpatelle bildend; ähnliche
kleinere, rundliche Sehnenknochen finden sich als kleine Höckerchen unten und aussen am Gelenkkopf des Oberschenkelbeins.
Bei den Beutelthieren finden sich eigene Knochen am Becken (Fig. XXVII, XXVIII) und ein frei beweglicher Daumen
am Hinterfuss, während Gebiss und vordere Extremitäten häufig wie bei den Fleischfressern gebildet sind.
FÜNFTE TAFEL.
Fl eisclifresser oder Raubthiere, Pachydermen, Einhufer nnd Wiederkäuer zeigen in ihrer Zahn- und Schädel¬
bildung grosse Verschiedenheiten, wie dieselbe von ihrer Lebensweise und Nahrung bedingt wird. Alle diese Ordnungen sind aber
durch behenden Lauf ausgezeichnet, daher in den übrigen Hauptverhältnissen des Skelets das grösste Raubthier, der Löwe (Fig. I),
und der kolossaleste Pflanzenfresser, der Elephant (Fig. XIY) sich vielfach gleichen: in der Wirbelsäule, den Rippen, dem Brustbein
und den Extremitäten. Das Schlüsselbein verschwindet; ist bei den Fleischfressern ein kleiner, platter, bogenförmiger, nur im Fleische
liegender Knochen (Fig. II), fehlt aber den übrigen genannten Ordnungen völlig. In dem Maasse, als das Thier auf den Lauf be¬
schränkt ist, wird die Speiche unbeweglich nach vorn gerichtet (Fig, I, XIY) und bildet immer mehr die einfache Stütze, während
das Ellenbogenbein mehr verkümmert und z. B. bei den Einhufern (Fig. XVII), ähnlich wie früher bei den Fledermäusen, als blosser
Anhang bei der Speiche erscheint. Auf ähnliche Weise entwickelt sich an den hinteren Extremitäten das Schienbein und verkümmert
das Wadenbein. Die Zahl der Zehen vermindert sich von fünf auf vier, zwei und eine, und in demselben Maasse vereinfacht sich
auch Mittelfuss und Mittelhand (Fig. VII, XXIV, XVII—XXIII). Bald treten die Thiere nur mit den Zehen (Fig. I, III), bald,
wie der Bär (Fig. VIII) mit der ganzen Sohle auf.
Die Schädel der ächten fleischfressenden Raubthiere, wie Katze und Tiger (Fig. IV—VI), zeichnen sich durch gewaltige
Jochbogen, starke Eckzähne, ein knöchernes Hirnzelt und vielfach zerästelte Muscheln (Fig. VI, ô), zur grösseren Ausbreitung der
spürenden Riechnerven, aus. Der Gelenkkopf des Unterkiefers (Fig. IX) ist sehr breit von innen nach aussen und bewegt sich wie
eine feste Angel nur von oben nach unten am Oberkiefer, während der flachrundliche Gelenkhöcker bei den Wiederkäuern (Fig. XIII)
eine Bewegung nach allen Seiten gestattet. Bei den Wiederkäuern erscheinen nicht selten knöcherne Stirnzapfen (Fig. X) auf dem
Stirnbeine, welche die hohlen Hörner tragen; der Zwischenkiefer ist ganz zahnlos; Eckzähne fehlen; diese erscheinen mit einem ein¬
fachen Paare eckzahnähnlicher Schneidezähne im Zwischenkiefer bei den Kameelen (Fig. XI), welche so einen Uebergang zu den
Einhufern (Fig. XII) und den übrigen Pachydermen (Fig. XV, XVI) bilden. Die Nähte am Schädel des asiatischen Elephanten
(Fig. XIV) sind verschwunden, während sie am rundlicheren Schädel eines ganz jungen afrikanischen Elephanten (Tab. I, Fig. II)
so überaus deutlich waren; die grossen Zähne sitzen im Zwisehenkiefer und sind nicht Eckzähne, wie sie scheinen, sondern wahre
Schneidezähne.
SECHSTE TAFEL.
Die Edentaten, die Robben, die Fischzitzthiere, denen diese Tafel gewidmet ist, weichen am meisten von den
übrigen Säugethieren ab, und die Skeletbildung erinnert entfernt an die Form der Amphibien und Fische. Aber sie tragen dessen un¬
geachtet ganz den Typus ihrer Classe in allen ihren Knochen.
Der Ameisenfresser (Fig. I) kann recht als typische Gattung der Edentaten betrachtet werden; seine Kiefern sind wirk¬
lich, wie die des Schuppenthieres (Tab. I, Fig. IV und V) ganz zahnlos, die Extremitäten sind zum Graben eingerichtet und die
Rippen so breit, dass sie sich decken und einen wahren Panzer bilden. Auch bei den übrigen Gattungen (Fig. VI, VIII) ist die
Zahnbildung sehr einfach; Becken, Brustbeine und Extremitäten haben eigenthümliche und bizarre Formen, die jedoch noch auffallen¬
der, wie der Schädel und das ganze Skelet, beim Schnabelthier und der Echidna (Fig. XI, XX), den merkwürdigen Bewohnern
Neuhollands, geformt sind. Das Brustbein und Schultergerüste (Fig. XIV) hat etwas vogel- und reptilienähnliches; am Becken