Volltext: Katechismus des Knabenhandarbeits-Unterrichts

82 Die praktische Ausgestaltung der Idee von der Erziehung zur Arbeit. 
als Erziehungsmittel auch für die jüngeren Kinder frucht- 
bar zu machen. — Pädagogische Entwicklungen gehen nicht 
immer in logischer Folge vor sich, sondern sind von äußeren 
Umständen abhängig. Die Bewegung für den Arbeits- 
Unterricht ist in Deutschland nicht von den Kindergärten 
ausgegangen, die auf eine Fortsetzung der praktischen Thätig- 
keit der Kinder in den ersten Schuljahren gedrungen hätten, 
sondern die Anregung kam von Dänemark und Schweden. 
Daher ist es begreiflich, daß man auch bei uns zunächst an 
das Alter von 11, 12 bis 14 Jahren dachte; nun fühlt 
man aber die Lücke zwischen Kindergarten und Schüler- 
Werkstatt und füllt sie aus durch die sogenannte Vorstufe. 
Übrigens sprechen auch noch andere Gründe bei der Ent- 
scheidung über den Arbeitsunterricht für jüngere Kinder 
mit. Seltsamerweise hat im Unterricht der ersten Schul- 
jähre weder das Turnen noch das Zeichnen eine Stelle 
gefunden, es ist also weder für die körperliche Entwicklung, 
noch für die mit dem Erfassen und Wiedergeben der ein- 
fachsten Formen verbundene Bildung des Auges und der 
Hand durch die Schule Fürsorge getroffen. Statt dessen 
lernt das Kind lesen und schreiben, d. h. es muß sich 
die Mittel zu einem geistigen Verkehr erwerben, für den 
es, da es ja die lebendige Sprache besitzt, noch gar kein 
Bedürfnis, also auch kein lebendiges Interesse hat, ganz 
abgesehen davon, daß methodisch das Zeichnen, welches die 
Formenelemente giebt, unbedingt vor dem Schreiben, 
einem Nachzeichnen konventioneller Formen, stehen müßte. 
Auch diese Anordnung ist eine der Seltsamkeiten unseres 
Unterrichtswesens, die sich nur historisch erklären, aber nicht 
logisch begründen lassen. — Bei dem gänzlichen Fehlen des 
Turnens und Zeichnens im Elementarunterricht würde nun 
die praktische Beschäftigung gleichsam als Ersatz dafür mit 
eintreten. Dazu würde eine Anlehnung der praktischen 
Arbeit an eine andere Schuldisziplin, nämlich an den An- 
schauungsunterricht, sehr leicht möglich, ja sogar fast geboten 
sein, denn der bisherige Anschauungsunterricht vor Bildern
	        
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