Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges. 2 (II. / 1930)

Charakter heimlicher Vergnügungen streng gewahrt, ohne daß diese 
nächtlichen Feste sich wesentlich in ihren Formen von den anderen unter¬ 
schieden hätten. Der Unterschied lag allein darin, daß ein vermögender 
Gastgeber eine Anzahl seiner Bekannten als Gäste zu sich lud, denen 
allerdings häufig die Einführung von Begleitern gestattet war. Im Mittel¬ 
punkt dieser Feste stand dann wohl das Auftreten einer berühmten oder 
berüchtigten Tänzerin, deren Darbietungen die erwünschte sinnliche 
Atmosphäre erzeugten. Die hauptsächliche Stütze dieses Milieus, das einen 
Aufwand großer Mittel erforderte, war der durch Kriegsgewinne zu Ver¬ 
mögen und Ansehen gelangte Industrieritter und Händler, um den sich 
eine Schar von Nutznießern und Tagedieben sammelte. 
War bei den eben erwähnten Veranstaltungen der »künstlerische« 
Nackttanz einzelner oder auch mehrerer Tänzerinnen — in einem beson¬ 
deren Falle wurde er sogar als »Tanz des Lasters und der Unzucht« den 
Gästen annonciert und von einer durch diese Spezialität berühmt gewor¬ 
dene Künstlerin mit ihrem Partner vorgeführt — nur gleichsam Pro¬ 
grammnummer und Stimmungsfaktor, so wurde er bei anderen Gelegen¬ 
heiten zum Selbstzweck und vollzog sich unter Teilnahme sämtlicher Fest¬ 
gäste. Nicht immer blieben diese Veranstaltungen der größeren Öffent¬ 
lichkeit verborgen, denn 
indiskrete Beteiligte mach¬ 
ten gelegentlich kein Ge¬ 
heimnis aus diesen Orgien 
und diese Dinge gelangten 
Unberufenen zu Ohren und 
lenkten die Aufmerksam¬ 
keit der Polizei auf diese 
Vorgänge. Überraschend 
tauchten dann eines Nachts 
ein paar Beamte der Ge¬ 
heimpolizei in dem be¬ 
treffenden Tempel der 
Venus auf und störten das 
Vergnügen. 
Mit besonderem Eifer 
drängten sich die an sol¬ 
chen Szenen auffallend in¬ 
teressierten Herren und Da¬ 
men der höheren Gesell- 
Erwünschter Zuwachs schaft zu den in Künstler- 
»Warum ßind Sie denn heut’ 60 kreuzfidel, Herr Offizial?« — . # 
»Ja, wissen S\ Fräul’n Mizzi, meine Frau hat Drillinge kriegt, kreisen auch in jener 
und da bekommen wir jetzt um drei Brotkarten mehr.« 
Zeichnung von h. Krenes, 1917 »ernsten« Zeit abgehalte- 
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