Volltext: Walter von Molo (Heft 8 / 1927)

Walter von M o l o 
„Haben mich die Veranstalter gefragt, Herr Präsident, ob sie in mir 
und in anderen Aergernis erregten? Hat sich das der Staat gefragt? Da 
das unterblieb, Sie haben recht, das ist ein wichtiger Punkt in der 
Sache, so klage ich die Veranstalter und alle diejenigen an, die sie ge 
währen lassen, also auch die Staatsgewalt und die Polizei! Außerdem 
muß ich noch erwähnen," spricht Bobenmatz höflich, „da ich der Wahr 
heit diene, daß, als die Dame hier für einen Augenblick nackt vor den 
gierigen Blicken der Fleischspekulanten rundum stand, so nackt, wie wir 
alle sind, Herr Präsident, wenn wir die Reinheit des Menschengeschlechtes, 
wenn wir nufere Kinder erzeugen." 
„Ich entziehe Ihnen das Wort!" 
„Als die Dame nackt mitten im Schlackenschmutze der Menschheit 
stand," fährt Bobenmatz fort, die Beisitzer lächeln vorsichtig vor sich nieder, der 
Präsident weiß nicht mehr, was er tun soll, „da war für einen Augen 
blick alle Gemeinheit aus den Blicken rundum verschwunden. Allerdings 
nur für einen Augenblick, wie ich beruhigend erwähne, da man die 
Dame gleich wieder bekleidete und die Polizei holte! Der Beweis aber, 
daß ich im Rechte war, stand für kurze Zeit in aller Augen." 
„Sie haben nicht mehr. . das Wort! Setzen Sie sich!" 
„Als der Wirt, der fein Geschäft durch mich gestört sah, sein Geschrei 
erhob, war die alte Verlogenheit sofort wieder da!" beruhigt, unverändert 
aufragend, Bobenmatz, „für lange habe ich also aus keinen Fall die 
öffentliche Sittlichkeit gestört!" Haltlos knackt der Vorsitzende mit den 
Fingern. „Die Dame, die Sie so bloß stellten," sagt er, dröhnend lacht 
das Auditorium auf, erbittert vorgeneigt brüllt der Vorsitzende: „Ruhe!" 
in den Saal; er faßt sich: „die . . beleidigte Dame also," sagt er „scheint 
aber doch . . anderer Meinung gewesen zu sein! Mcht? Sie hat ja 
Strafantrag gegen Sie gestellt!? ..." 
Ernst blickt Bobenmatz zu der jungen Frau hinüber; die zerpreßt sich, 
totenblaß im Antlitz, die Finger. „Ich glaube nicht," sagt Bobenmatz, 
„daß diese Dame die Anklage gegen mich jetzt noch ausrecht erhalten 
mag!" 
Sie hebt den Kopf. Wankend steht sie von ihrem Stuhl aus. „Ich 
ziehe," spricht sie mit schaukelnder Stimme, „meine Anklage . . zurück!" 
„Bleibt noch der Wirt!" stellt Bobenmatz fest. „Gegen diesen erhebe 
ich Anklage! Dagegen, daß er armen Frauen und Mädchen, die nicht 
Arbeit sinden oder suchen, so leichte Gelegenheit jchajft, vor die Hunde 
zu gehen!" 
„Sie haben hier niemanden anzuklagen! Setzen Sie sich!" 
„Ich bitte die Dame zu befragen, wer ihr die Gebühren für die Er 
hebung ihrer Anklage gegen mich bezahlt hat, beziehungsweise, wer ihr 
versprochen hat, ihr diese Gebühren nachträglich zu bezahlen!" 
„Herr Präsident!" ruft hastig der Anwalt des Wirtes, ungeduldig, 
sehr erregt winkt ihm der Besitzer des ,Mäufe-Palais< zu, daß er sofort 
sprechen soll. „Herr Präsident! Wir ziehen ebenfalls, nach den gehörten 
Aufklärungen des Herrn Bobenmatz, unsere Anklage zurück!"
	        
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