Volltext: Die deutsche Offensivschlacht [13/I. Teil] (Band 13 I. Teil / 1926)

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Die Wandlung der Kriegführung. 
hoffnungsfroher Siegeszuversicht, die Heer und Volk beseelte, als die ersten 
Nachrichten von dem gegen die starke Festung gerichteten Schlage bekannt 
wurden, ist es geboten, rückschauend noch einen Blick auf das blutige 
Ringen zu werfen, das in diesem Bande an unserem Auge vorüberzog. 
Verdun bedeutete für uns Deutsche den ersten großen Versuch, auch 
an der im Stellungskampf erstarrten Westfront Erfolge zu erzielen, wie 
sie im Jahre vorher den deutschen Waffen im Osten und auf dem Balkan 
in so reichem Maße beschieden waren. Die Führung war sich der Tatsache 
voll bewußt, daß angesichts der in ungeahntem Maße ausgestalteten 
Waffentechnik auf der einen und der im Vergleich zu Russen und Serben 
erheblichen Überlegenheit der Franzosen als Soldaten auf der anderen 
Seite, mit den überkommenen Mitteln der Schlachtenführung, die sich auf 
den anderen Kriegsschauplätzen bestens bewährt hatten, hier an der West- 
front nichts zu erreichen fein würde. Wer daran etwa noch gezweifelt hatte, 
mußte durch den Verlauf der großen Angriffe der Fanzofen in der Cham- 
pagne belehrt sein. Jedenfalls konnten diese Angriffe, die mit einem vollen 
französischen Mißerfolge geendet hatten, sicherlich nicht im positiven Sinne 
als Muster gewertet werden. Es galt, das Wesen der modernen Schlacht 
tief zu durchdenken und daraus Schlüsse zu ziehen. Wie schwer das ist, 
lehrt die Kriegsgeschichte nur allzu eindringlich. Ganz besonders aber 
wachsen die Schwierigkeiten, wenn unvorhergesehene Waffenwirkung eine 
Änderung der Kampfesweife im Verlaufe eines Krieges selber nötig 
macht. So zeigt denn auch der Weltkrieg eine sehr langsame, fast zaghafte 
Umstellung der Kampfweise bei allen Parteien, ohne daß es letzten Endes 
gelungen ist, bis zum Abschluß des Krieges die Wandlung in ihrer vollen 
Tragweite zu erkennen, geschweige denn, ihr Rechnung zu tragen. Aller- 
dings mag selbst bei richtiger Erkenntnis die Möglichkeit zur Umstellung 
bei dem ohne Unterbrechung andauernden Ringen mit einem über- 
mächtigen Gegner gar nicht vorhanden gewesen sein. 
Es wäre ungerecht, wenn man ohne Rücksicht auf diese Verhältnisse 
und mit der Kenntnis vom Verlauf der Kampfereignisse, die der Beurteiler 
heute hat, einen allzu strengen Maßstab an die Anordnungen der Füh- 
rung legen wollte. Sie hatte unzweifelhaft richtig erkannt, daß von einer 
starken Konzentrierung der Artilleriewaffe und der übrigen technischen 
Kampfmittel alles abhing und hatte entsprechend gehandelt. Daß auf der 
anderen Seite die Zusammenfassung der gesamten Artillerie unter nur 
wenige Führer die unbedingte Notwendigkeit des engen Zusammen- 
arbeitens mit der Infanterie gefährden würde, konnte man wohl um so 
weniger voraussehen, als man die Bewegungsfreiheit der Infanterie sehr
	        
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