Volltext: Die deutsche Offensivschlacht [13/I. Teil] (Band 13 I. Teil / 1926)

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Möglichkeiten einer Offensive 
Angesichts dieser Lage konnte kein Zweifel herrschen, daß man 
deutscherseits mit der Eröffnung irgendeines neuen Angriffs die Initiative 
an sich reißen mußte, daß man den« Feinde zuvorzukommen hatte, daß 
jedenfalls nichts gefährlicher war, als sich überall in eine reine Ver- 
teidigung drängen zu lassen. An sich lag der Gedanke nahe, die Lage der 
Mittelmächte zunächst einmal durch restlose Niederwerfung der schwächeren 
Feinde zu erleichtern. Man konnte auf dem Balkan durch Vertreibung der 
Saloniki-Armee reinen Tisch machen. Rumänien konnte durch ein Ulti- 
matum zu klarer Stellungnahme für oder gegen die Mittelmächte ge- 
zwungen werden. Je nach dem Ausfall der Entscheidung konnte man dann 
entweder mit Rumänien oder unter seiner gleichzeitigen Niederwerfung 
gegen die linke Flanke und den Rücken der russischen Westfront operieren, 
um dadurch Rußland endgültig aus der Reihe der Feinde der Mittelmächte 
auszuscheiden. General v. Conrad, der österreichische Generalstabschef, 
wollte zunächst Italien durch einen gemeinsamen deutsch-österreichisch- 
ungarischen Angriff entscheidend geschlagen und aus der Front der Entente 
ausgeschaltet haben. 
Nähere Betrachtungen über diese oder ähnliche Pläne anzustellen und 
ihre Erfolgaussichten zu beurteilen, gehört nicht in den Rahmen dieses 
Buches. Aber der aus so vielen Möglichkeiten gewählte Plan, ausgerechnet 
Verdun anzugreifen, d. h. eine Festung, die, von der Natur besonders be- 
günstigt, im Frieden mit allen Mitteln der ständigen Befestigung zum 
nördlichen stärksten Eckpfeiler des ganzen französischen Festungssystems 
ausgebaut und während der 1% Jahre Weltkrieg weiter mit allen Mitteln 
moderner Feldbefestigung, auch im Vorgelände, verstärkt worden war, 
— erscheint ganz besonders heute, nachdem wir die Folgen dieses Ent- 
schlusses Falkenhayns kennen, so überraschend, daß es notwendig ist, den 
Schlüssel des Verständnisses gerade für diesen Entschluß zu suchen. 
Falkenhayn selbst hat ihn uns in einer von ihm im Anfang 
Dezember 1915 verfaßten Denkschrift gegeben. Er lehnt hier jede Mög- 
lichkeit einer Waffenentscheidung auf einem anderen als dem westlichen 
Kriegsschauplatze mit von seinem Standpunkt aus einleuchtenden Gründen 
ab. Er steht in England mit seinem unerschütterlichen Vernichtungswillen 
den gefährlichsten Gegner, den man nur an der Westfront durch einen 
großen strategischen und taktischen Massendurchbruch treffen kann. Vor 
einem solchen scheut sich aber Falkenhayn wegen der technischen 
Schwierigkeiten, — nicht ohne Berechtigung in Hinsicht auf die von der 
Entente bei allen ihren Durchbruchsversuchen auf der Westfront gemachten 
schlechten Erfahrungen. Er glaubt aber auch, die dazu nötigen Truppen
	        
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