Volltext: Schreib das auf, Kisch!

Mich bewegen viel größere Sorgen. Mit Lebensgefahr habe 
ich mein letztes Taschentuch in der Drina ausgewaschen und 
zum Trocknen an einen Strauch gehängt. Als ich es holen 
wollte, war es weg. Was soll nun weiter werden? 
Unsere Kompagnie hat ein Geschenk gekriegt, das nichts 
Gutes verheißt: ein Tragpferd. Also wird es mit unserer Wacht 
an der Drina bald zu Ende sein, und die Zeit der Märsche im 
Sonnenbrand kann wieder beginnen. 
Der Tragtierführer ist ein Bauernbursche aus der Slowakei, 
schwerhörig und schwer von Begriffen. Er sei zu belehren, daß 
er dem Militärstrafgesetz unterstehe, stand in dem Dienstzettel, 
der mit ihm ankam. Als man ihm begreiflich zu machen ver¬ 
suchte, daß er bei Flucht oder Verrat den Strick zu gewärtigen 
habe, verstand er unsere Gesten falsch und glaubte, daß er jetzt 
gehängt werden würde, begann seine Unschuld zu beteuern und 
schließlich bitterlich zu weinen. So unterließ man es, ihm das 
Kolleg über Militärstrafrecht zu lesen. 
Aeroplane der Serben und unsere eigenen fliegen immerfort 
über uns hin. Am Nachmittag kam ein Major visitieren, ein 
Mummelgreis, der Datterich und Tabes hat. Er hat sich wohl 
aus einer Lokalanstellung ausgraben lassen und ist nun hierher¬ 
gekommen, um die orientalische Frage und die Balkanwirren 
einmal endgültig zu lösen. Der alte Narr im Silberkragen be¬ 
anstandete bei unserem Verteidigungsabschnitt, daß sich die 
Feldwachenkommandanten nicht stramm genug melden, daß die 
Leute bei Verrichtung von Bedürfnissen das Gewehr aus der 
Hand legen, und daß die Offiziere nicht den (am Ufer ganz be¬ 
sonders zwecklosen) Säbel umgehängt tragen. Dabei schrie er 
in den Deckungen am Drinaufer mit den Vorposten so laut, daß 
Exz. Pavlowitsch in Kragujevac diese Ausstellungen hätte mit¬ 
stenographieren können — wenn er auf die Theorien eines öster¬ 
reichischen Majors aus den sechziger Jahren hinsichtlich des 
Feldwachdienstes Wert legen würde. 
Durch das Auftauchen dieser der „Muskete“ entsprungenen 
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