Volltext: Schreib das auf, Kisch!

Samstag, den 20. März 1915. 
Es war ein eigenartiges Gefühl, als ich heute nacht den Mal¬ 
teserzug betrat. Wie bei, «einem Adelsball sah es aus, o Gott, 
wie nobel und pikfein. Lange Gestalten, denen man die Aristo¬ 
kraten auf Artilleriedistanz ansah, in blauer Flottenkappe mit 
kleinem Malteserkreuz, standen herum und gaben, befehlsge¬ 
wohnt, Befehle. Der alte Prinz Franz Liechtenstein (wenn ich 
nicht irre: gewesener Botschafter in Petersburg), ,,Se. Königl. 
Hoheit“ der Herzog von Braganza, ein Rittmeister Prinz Liech¬ 
tenstein, ein Hofarzt Dr. Ritter von Bielka, einige andere Herren, 
reizvolle Pflegerinnen in schwarzem Kleid mit weißem Häubchen 
und weißer Schürze . . . 
Ich bekam ein Bett, eine Stellage, aber ich übersiedelte bald, 
als ich in einem der hereingetragenen Schwerverwundeten 
meinen Freund Glaser erkannte, der vor drei Tagen in Wola^. 
Michowa verwundet worden ist. Man hatte ihm den rechten 
Arm abnehmen müssen, und er sieht zum Erbarmen schlecht 
aus. Ich legte meinen Schlafsack auf die Bettstatt oberhalb der 
seinigen, womit die Übersiedlung beendet war. 
Gegen % 12 Uhr nachts waren wir einquartiert, früh gegen 
5 Uhr fuhr der Zug, der auf allen Waggons außen und auf 
allen Geräten innen das weiße, gezackte Malteserkreuz auf rotem 
Grunde mit der Umschrift ,,Großpriorat für Böhmen und Öster¬ 
reich des souveränen Malteser-Ritterordens“ trug, von Takcsany 
ab. Vormittags kam der Hofarzt mit einem kleinen Verbands¬ 
tischchen, öffnete die Verbände und behandelte. Wir bekamen 
reine Wäsche, einen Eimer reinen Wassers und einige Hand¬ 
tücher. Ich rieb mir Gesicht, Kopf, Oberkörper und* Hände 
gründlich ab. 
Es waren kaum fünf Minuten vergangen, seit ich mich abge¬ 
trocknet hatte, als ich mir wieder Wasser in das Waschbecken 
goß und mich von neuem zu waschen begann. Ich tat dies ganz 
unbewußt, denn meine Sehnsucht nach Waschung war durch 
das eine Mal nicht befriedigt. Erst als ich die Prozedur zum 
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