Volltext: Schreib das auf, Kisch!

nicht gedacht, daß man im Walde nur so vor sich hingeht, in 
ausgelassener Schar, wohin einen gerade die Laune treibt, und 
Lieder von schönen Mädchen schmettert. Jetzt werden wir in 
fettgedruckten Lettern von einem k. u. k. Kriegsministerium auf 
Grund seiner Kriegserfahrungen eines Besseren belehrt. 
Samstag, den 2. Januar 1915. 
Unser Regiment war seit der Flucht aus Belgrad in zwei 
spärliche Kompagnien formiert gewesen. Gegenwärtig ist es 
durch zwei Marschbataillone, durch geheilte Offiziere und an¬ 
geblich geheilte Mannschaften und durch Ablösung von Kom¬ 
mandierten in drei Bataillone rangiert. Drei Maschinengewehr¬ 
abteilungen werden aufgestellt, denen nichts weiter fehlt als die 
Maschinengewehre. Viele Frauen sind in Ofutak. Ehefrauen von 
Offizieren und Rechnungsunteroffizieren, auch von einigen Re¬ 
servisten. Bräute kommen zu Kriegsheiraten, gestern vormittag 
war ich Trauzeuge bei einer solchen Hochzeit, das Kind, das 
der Ehe am Nachmittag entsprang, soll auf den Namen Egon 
getauft werden. Kokotten sind da, einige aus Budapest, die 
meisten aber waren bereits in Belgrad tätig und sind rechtzeitig 
zurückgenommen worden. Im Bordell ist eine Wache aufgeführt 
und eine Prophylaxestation eingerichtet. 
In den Nachtquartieren wird man wegen jener Sexualbefriedi¬ 
gung, die im Felde die einzig mögliche war, verhöhnt, weil jetzt 
Huren da sind. 
Sonntag, den 3. Januar 1915. 
Von sechs Uhr morgens bis zwölf Uhr mittags hatte ich einem 
Zug abgelöster Kommandierter Gewehrgriffe beizubringen, 
Pferdewärtern, Viehtreibern, Fleischern, Blessiertenlrägern, 
Tragtierführern, Kanzleihilfskräften, Offiziersdienern, Melde¬ 
reitern und anderen Subspezies der Gattung „Infanterist“. 
In Neusatz werden morgen vier Soldaten vom 102. I. R. wegen 
Meuterei erschossen; ein Offizier und zwölf Mann unseres Regi¬ 
255
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.