Der General nickte traurig. Dann fragte er: „Wieviel Ma¬
schinengewehre?“
„Keines, Herr General.“
Der Divisionär schüttelte langsam den Kopf und wandte sich
zum Gehen. Dann drehte sich der alte Soldat plötzlich um: „Die
Fahne?“
„Die Fahne ist gerettet.“
„Na, also.“
Donnerstag, den 17. Dezember 1914.
Trotz der Fürchterliehkeit der letzten Woche, trotz der Ana-
basis aus Serbien und trotzdem wir gestern durch einen Regen
der Sintflut und eine Hölle der Finsternis über endlose Felder
irrten, bevor wir hier, in einer Tenne von Surschin, Unterkunft
fanden, habe ich die ganze Nacht nicht geschlafen, so sehr
juckte mein Körper, und ich kratzte ihn wund. Graugelbe
Schmarotzer kribbeln in meinem Hemd, in meiner Montur, auf
meiner Haut. Unsagbar einfach, ich weiß schon, ist die The¬
rapie: gründliche Reinigung, Vernichtung der Wäsche, Wech¬
seln der Kleider. Das sagt sich leicht! Wo soll ich mich reinigen,
wie kann ich die Wäsche, wenn ich keine andere habe, ver¬
nichten, Sweater, Bauchbinde und Trikotunterhose, die mich
vor dem Erfrieren schützen. Wenn es möglich wäre, die Kleider
zu wechseln — bereits vor vier Monaten hätte ich das gerne
getan, denn es war schon damals nötig. Ich bin froh, wenigstens
graue Salbe zu bekommen.
Freitag, den 18. Dezember 1914.
Die graue Salbe scheint meinen Gästen nahrhafte Speisen¬
zufuhr gewesen zu sein, dem Körper war sie minder zuträglich,
er ist mit Ekzemen bedeckt. Was Läuse und Salbe von meiner
Haut unversehrt gelassen haben, das ruinierten nachts meine
Fingernägel. Ich schmierte heute mit Petroleum, doch wirkte
dies auf den Ausschlag nichts weniger als balsamisch, und
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