Wände mit Pornographien beschmiert sah, empfand ich es noch
intensiver, im Bereich der Kultur zu sein.
Wir schlenderten durch die Straßen, an einem Fußballplatz
vorbei, über den Kai, Dampfer fuhren auf der Donau, zer¬
schossene Häuser erblickten wir und kamen durch die von den
Serben in „Kral Peter-Ulica“ umgetaufte Hauptstraße, deren
Straßentafel aber wieder übertüncht ist. Auch die Geschäfts¬
leute haben die serbischen Reklamen auf ihren Läden, ja sogar
die in Cyrillika geschriebenen Namen der Firmeninhaber aus
Vorsicht verlöscht, Tünche.
Während das Geld bisher auch nicht den geringsten Wert für
uns gehabt hat, auch der Ärmste seine Löhnung verfallen ließ
und jede Geldentschädigung für einen Dienst oder eine Gefäl¬
ligkeit zurückwies, konnte man sich plötzlich alles kaufen,
Gurken, Obst, Käse, Tabak, Brot und Wurst.
Ich ging zu einem Raseur, der mir einen weißen Frisiermantel
umhängte, mich glatt rasierte, mir den Kopf schor und ihn mit
Bayrum-Champooing dreimal wusch; er zeigte mir das beim
Abtrocknen dreimal ganz braun gewordene Handtuch, ich hatte
noch von den Nachtlagern her die ganze Matschwa und das
Kolubara-Erdreich in den Haaren. Und ich, der ich noch vor
wenigen Tagen höchlichst zufrieden gewesen war, wenn mir ein
Kamerad mit halbscharfem Bajonett die Stoppeln vom Kinn
geschabt, wurde im Nu wieder zum arroganten Kulturmenschen,
verlangte eine scharfe Spritzung, gleichmäßigere Zustutzung der
Koteletts und hatte allerhand auszusetzen, bevor mich der
Friseur mit Puder betupfte .. .
Dann kaufte ich Wäsche, denn ich hatte einen Entschluß
gefaßt, dessen Erfüllung mir seit Monaten das Erstrebenswer¬
teste auf der Welt schien: zu baden. Am Donauufer war das
Dampfbad, schäbige, kleine Zellen. Im Berliner Volksbad kostet
eine solche Zelle fünf Pfennige, und es ist dort sauberer und
schöner, hier zahlte ich eine Krone, aber wie glücklich war ich
in dem kleinen Raum! Ich zerrte Kleider und Wäsche vom
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