Volltext: Schreib das auf, Kisch!

hart, und das Paket, das — wie sich nun herausstellte — ganz 
klein war, blieb in meiner Hand. Aus dem Abbröckeln eines 
Stückchens hätte ich mir keine Gewissensbisse gemacht, denn 
ich weiß, daß eine solche Muster-ohne-Wert-Sendung auf dem 
langen Weg über diverse Feldpostämter, Fuhrwerke und Fahr¬ 
küchen ohnedies immer in geometrischer Progression abnimmt. 
Aber das Ganze zu stehlen, schien mir ein um so ärgeres Ver¬ 
brechen, als auch mir schon manches Paket nicht zugestellt 
wurde, und ich bei solchen Gelegenheiten genug geflucht hatte. 
Und nun sollte ich selbst zum Dieb an irgendeinem armen 
Kameraden werden, dem sein Mädel oder seine Mutter für ihre 
letzten Heller ein Stückchen Schokolade gekauft hatte. Ich 
hielt das Päckchen in der Hand, und da wir bereits in Vreoci 
waren und es aussteigen hieß, mußte ich es wohl oder übel 
in meinen Schnappsack tun, um den Diebstahl zu verbergen. 
Ich ging zum Stabsquartier. Versteckt zog ich die Sendung 
heraus: ,,An Herrn Georg Ferda, Fähnrich in der 2. Kom¬ 
pagnie des 11. Infanterieregiments; Absender Gottlieb Ferda 
in Weipert.“ Der Adressat, mein guter Freund Ferda, liegt seit 
einer Woche in Lajkovac begraben, und die Schokolade wäre 
ohnedies von einem noch weniger Erbberechtigten beim Regi¬ 
mentstrain oder bei der Fahrküche aufgegessen worden. So 
brach ich mir ein Stück ab und verzehrte es ohne Ge- 
wisisenbisse. 
In Vreoci klebten am Abend die Kanzleiunteroffiziere der 
Division Spezialkarten aneinander, immer nördlichere und 
nördlichere bis Breszkovacz (Z. 27, Kol. XXIII), worauf schon 
die Donau zu sehen ist. Ob wir sie auch in natura sehen 
werden? 
Mitttwoch, den 2. Dezember 1914. 
Anläßlich des RegierungsJubiläums Kaiser Franz Josephs 
fand heute vormittags unter zahlreicher Beteiligung die Erobe¬ 
rung von Belgrad mit reichhaltigem Vergnügungsprogramm 
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