Volltext: Schreib das auf, Kisch!

kolade oder Bisquits. Ich hatte nichts dergleichen, und niemand 
glaubte es mir. 
Seit Wochen hatte ich mich schon an meinen Zigaretten¬ 
mangel gewöhnt. Heute, da ich Zigaretten im Paket erhofft 
hatte, empfand ich den Mangel an Rauchbarem doppelt. Hätte 
mir eine der freundlichen Spenderinnen zehn Sportzigaretten 
eingepackt — ich hätte sie vom Strich weg geheiratet. 
Samstag, den 28. November 1914. 
Das einzige, was ich von den Wintersachen für mich ver¬ 
werten wollte, waren die gestrickten Zehenwärmer. Als ich sie 
aus dem Paket nehmen wollte, waren sie weg. 
Das Terrain ist gräßlich, wir haben gar keine Reserven, alle 
Soldaten denken an Selbstmord. Wenn man die Schwarmlinie 
wenigstens für acht Tage ablösen könnte. 
Das Korpskommando hat unseren Offizieren heute für even¬ 
tuellen Bedarfsfall zehn Flaschen Champagner gesandt (Törley), 
also scheint man höheren Orts den Sieg vorzubereiten. Am 
Abend hatte ich am Lagerfeuer eine erregte Debatte mit den 
Feldgendarmen über Wert und Unwert von Waffenpässen, 
Schmuggler- und Wildererverfolgungen, über stehendes Heer 
und Gesetze. Die Gendarmen waren selbstverständlich auf Seite 
des Bestehenden, der Staatsgewalt, und der Ansicht, daß der 
Mensch eine Bestie sei, die mit Gewalt gezähmt werden müsse. 
Sonntag, den 29. November 1914. 
In der Nacht hatte ich einen Traum, der mir freundliche Ge¬ 
danken brachte, aber um so schmerzlicheres Erwachen: ich 
batte ein Wiedersehen mit meinem Bruder Wolfgang erlebt. 
Überhaupt ist es noch immer der Tod meines Bruders, der mich 
vollkommen beschäftigt, wenn ich mich auch schon so weit im 
äußeren Verkehr in der Hand habe, daß nur Leute, die mich 
früher gut kannten, an mir eine gedrückte Stimmung bemerken. 
Witze mache ich ganz mechanisch, mit der einfachsten Tech- 
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