Beruhigt zog ich wieder eine Stunde mit ihm über Berg und Tal,
Schluchten und Felder, Forste und Gestrüpp und Bäche, und
fragte ihn dann wieder. „Gleich, gleich.“ Nach zwei Stunden
hielt uns ein Posten an. Wir: „Wo ist das Regimentskom¬
mando?“ Er wies uns den Weg. So kamen wir zu einer Zelt¬
gruppe, und ich fragte, wo das Regimentskommando sei. „Hier.“
Ich fragte den Telephonisten, ob Oberstleutnant Steinsberg da
sei. „Steinsberg? Gibt es nicht.“ — „Wie? Was ist denn hier für
ein Regiment?“ — „102.“ Wir waren also fehlgegangen, ich
schnürte mein Bündel und ging mit dem Trompeter von neuem
auf die Suche, wir kamen weiter nach Serbien, aber nicht näher
zum 11. Regiment. So entschloß ich mich zurückzukehren und
bat bei Regimentskommando 102 um ein Plätzchen zum
Schlafen und etwas Kaffee. Aber man machte sich keinerlei
Ehre daraus, beim jüngsten Regiment der Monarchie einen Sol¬
daten des ältesten Regiments zu beherbergen, und verlassen,
hungrig, frierend, obdachlos saß ich im Gestrüpp. Da kam ich
mit einem Soldaten ins Gespräch, der fragte mich nach einigen
Elfern und erzählte mir, daß hier nicht nur das Regimentskom¬
mando, sondern auch die 17. Brigade in den Zelten lagere. Nun
suchte ich schnell den Ordonnanzoffizier Leutnant Dr. Hans
Thorsch auf, mit dem ich auf der Paraschnitza viel zusammen
war. Dr. Thorsch erstaunte nicht wenig, zu so später Nacht¬
stunde auf offenem Felde noch Besuch zu bekommen, aber er
freute sich und ließ mir aus einem Faß ein Glas Bier ein¬
schenken, sage und schreibe: Bier! Da vergaß ich meine 42 Kilo¬
meter, die ich heute mit vollem Tornister zurückgelegt hatte,
und schlief im seligen Bewußtsein ein, einen Genuß gehabt zu
haben, den ich nie mehr zu erhoffen gewagt: Bier.
Mittwoch, den 11. November 1914.
Durch eine romantische Höhenlandschaft wandernd, ging ich
von y2 5 Uhr früh ab und kam gegen 8 Uhr beim Regiments¬
kommando an, das in dem Orte Desiö auf einem Hügelkamm
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