verwaiste Ortschaft einen strichpunktierten Rand, so daß es
schien, man habe die Spezialkarte vor sich. Weit hinten, in
Rahmen von Pappeln gespannt, hingen Bilder bewaldeter Kup¬
pen — die Berge Bosniens.
Um 3/410 Uhr rückten wir in Gernabara ein. Wir gingen den
Weg gegen Banovopolje als erste der österreichischen Truppen.
Ein Pompeji. Nur Tiere lebten hier, Hunde kläfften wie wahn¬
sinnig und jappten nach uns. Hühner, Schweine, Kühe wim¬
melten umher, und diese Begrüßungen freuten uns, denn wir
sahen daraus, daß wir genug zu essen haben würden.
Auch die Häuser zeugten von Wohlstand. Statt der in ganz
Bosnien und in Serbien üblichen Ziehbrunnen sahen wir Metall¬
pumpen, und in den Höfen standen Lokomobilen und andere
landwirtschaftliche Geräte. Die meisten Häuser dieses lang¬
gestreckten Ortes sind getüncht, mit netten Stukkaturen, Efeu-
festons und Weinranken geziert, auf den grün oder dunkelrot
gestrichenen Fensterläden stehen Blumentöpfe, kurzum alles
lädt zum Eintritt. Aber das Innere straft überall das Äußere
Lügen: verrußte Wände, verfaulte Bettstätten, der Fußboden
jahrelangen Schmutzes voll. In einer Kutja fand ich einen Greis,
der friedlich schlief. Ich ließ ihn schlafen.
Vor einem anderen Haus standen zwei Frauen; als wir sie
darüber ausfragen wollten, ob noch viele Bewohner hier zurück¬
geblieben seien, gesellte sich ein gut angezogener, ziemlich fetter
Mann (anscheinend ein reicher Bauer und der Gatte von einer
der beiden Befragten) dazu, jagte die Weiber in das Haus zu¬
rück, und in betrunkenem Zustand — möglicherweise simulierte
er — begann er zu schwätzen, daß er gar nichts wisse, daß er
sich um gar nichts kümmere, daß er nur hiergeblieben sei, um
in seinem Hause zu sterben, wenn er schon sterben müsse. Einen
anderen alten Mann, der dazutrat und eher Auskunft zu geben
geneigt war, herrschte der Dicke gleichfalls an, ruhig zu sein.
Nun stellte ihm der Oberleutnant eine Falle: „Kamo vodi ovaj
put — Wohin führt dieser Weg?“ fragte er ihn. — „Neznam
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