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oon den Handzeichnungen des Michelangelo durch, dann
Mantegnas Zug (den Du einmal bei Geheimrat Schultz ge⸗
sechen); was man bei uns mühselig zus ammenklaubt, unvoll⸗
ständig besitzt, große Aufsätze darüber macht, ist hier in Hülle
und vollauf; daun die Portefeuilles von Martin Schön und
einigen anderen.
Nachher sah ich den kaiserlichen Privatgarten und die
Gewächshäuser bei der Burg, ging hinein‚und heraus durch
eine Art von unterirdischem Gang, durch den der Kaiser alle
Tage geht und einige Nachmittagsstunden in seinen. Gärten zu⸗
bringt. Aber der Flor — ich konnte nur auf Georginen und
Althaͤen hoffen — ganz unbedeutend — das ist auf der Pfauen—
insel ganz anders.
Nachmittags wieder ein paar Stunden im Belvedere und
dann im Figaro von Rossini — Lablache, welch ein Figaro! —
Mde. Fodor, welch eine Rosine! Das ist eine vollendete
Sängerin, welche Schönheit, Anmut, Kunst, Freiheit, Geschmack
des Gesanges, und der treffliche Lablache, welch ein Baß! und
wie heiter und freikoömisch, überall nichts Niedriges, nichts Ge—
meines. Wenn der ganze Chor zusammen singt und das
Orchester ebenso fortissimo aus allen Kräften dreinrauscht, so
hört es sich aufs bestrmmteste, als ob er Solo sänge, und das
ganz ohne Anstrengung, ohne Geschrei, ohne schreienden Ton.
Ambrogi auch wieder als Doktor Bartolo sehr gut, dann noch
ein neuer Sänger de Franco, es ist eine ganze Hecke, veils der
allertrefflichsten, teils tadelloser trefflicher. Aber auch welchen
Anteil nehmen wir Publikum! Drei bis vier Akteurs werden
jedesmal beim ersten Auftreten applaudiert, dann Rjede
Passage applaudiert — oder bravo! bravo!l gerufen,
dann nach jeder Szene unmäßig applaudiert, der
Sänger dankt und geht ab — aber das Applaudieren dauert
mit anhaltender Stärke fort, auf daß er oder sie nicht beklatscht,
sondern herausgeklatscht sei. Am Ende des Stückes dagegen
finddet kein Herausrufen oder Redensarten statt. So, wieder—
holt Parthey und andre, kann man den Figaro in Italien
nirgends geben sehen. Ich las heute in einem Wienex Theater⸗
blatt, daß die Erfahrensten darüber eins seien, daß nach ihrer
längsten Erinnerung seit fünfzig Jahren keine solche italienische
Gesellschaft an Wien gewesen und gewiß die nächsten fünfzig
Jahre nicht wieder kommen werde. Die Partheyschen, nachdem