Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

schärfer als Falkenhayn erkannt, was der freie Nordflügel bedeutet, überzeugt 
davon, daß er im Zentrum kein Glück mehr hat, setzt er alles auf diese Rarte. 
Ein besonderer Umstand verleiht ihm dabei die Vorhand vor den Deut- 
schen. Schon hat er, noch in der Erwartung des Sieges im Zentrum, bei 
Amiens eine neue Armee zusammengeballt. Ihr Kommandeur ist der General 
de Castelnau. Ioffre hat ihn aus Lothringen genommen, genau wie Moltke 
Heeringen von dort nach St. Guentin brachte. Während aber die Schlacht 
Moltke zwang, Heeringen mit der 7. Armee östlich von Rluck, also ohne Be- 
deutung für eine Verlängerung des Umfassungsflügels, einzusetzen, hat Joffre 
Castelnau zu einer größeren Aufgabe berufen. 
Stolz nennt Frankreich die neue Armee die „armee de poursuite", Verfol¬ 
gungsarmee. Sie soll, von Amiens auf St. Guentin vorrückend, den Deutschen 
den Genickstoß geben. 'Mas Maunoury nordöstlich Paris nicht hat vollenden 
können — hier oben, wo noch keines deutschen Soldaten Stiefel den Boden 
Frankreichs „beschmutzt" hat, muß es unzweifelhaft gelingen. 
Am 2). September tritt die ,,armee de poursuite" von Amiens aus den 
Vormarsch an. Viel Kavallerie ist ihr beigegeben, ihrer besonderen Aufgabe 
entsprechend. Der Sieg erscheint fast sicher. Schon sendet Joffre triumphierende 
Telegramme nach Paris. 
Aber was ist das* Castelnau meldet, daß er zwischen Bapaume und Roye 
auf den Feind gestoßen ist und sich zum Kampf entwickelt. Ioffre wird unruhig. 
Er tröstet sich schnell. Castelnau wird es mit deutscher Kavallerie zu tun haben, 
die den freien Raum über dem Nordflügel in leichter Aufstellung verschleiert. 
Man wird sie rasch abfertigen. 
Fieberhaft wartet das französische Hauptquartier auf die Nachricht von 
der Fortsetzung des Vormarsches. 
Am Abend meldet Castelnau, daß er schwere Verluste hat und sich nur müh- 
sam der deutschen Angriffe erwehren kann. Er ist auf seiner ganzen Front in 
heftige Kämpfe verwickelt und gelangt nicht einen einzigen Schritt über die 
erreichte Linie hinaus. 
Welche neuen deutschen Truppen stehen hier vor Castelnau; Moltke hatte 
die Verlegung des größten Teiles der 6. Armee des bayerischen Kronprinzen 
von Lothringen nach dem rechten Flügel schon eingeleitet. Falkenhayn beschleu- 
nigt die Bewegung bis aufs äußerste und zieht auch das Armeeoberkommando 
herbei. 
Beide, Joffre und Falkenhayn, begraben an der Somme eine kühne Hoff- 
nung. Dennoch hält jeder an seinem Plan fest. Die Lage zwingt dazu. Man 
muß noch weiter nach Norden ausholen. Wieder ist Joffre der Schnellere und 
Entschlossenere. 
Fast das gleiche Schauspiel. Westlich Arras versammelt Joffre abermals 
eine neue Armee. Ihr Führer ist der General Maudhuy. Zwischen Bethimc 
und Arras, die berühmte Lorettohöhe im Zentrum, trifft Maudhuy mit dem 
rechten Flügel der 6. deutschen Armee zusammen, die eben gerade zur über- 
flügelung angesetzt ist. Wild ist der Streit um Notre Dame de Lorette. Von 
beiden Seiten brandet es gegen den Berg. Nach mörderischen Kämpfen bleiben 
die Trümmer der Kapelle mitten zwischen den Linien. 
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