Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Tagen. Die alliierten Truppen am Rhein erhalten Befehl, sich zum Vormarsch 
nach Deutschland hinein bereitzuhalten. Herr 'Milson hat Paris und Europa 
wieder verlassen, um dieses Ende seiner 'Meltenschiedsrichterschaft nicht mit an- 
sehen zu müssen. Später wird die Unterzeichnungsfrist um zwei Tage ver¬ 
längert. 
Bei der Abfahrt der deutschen Delegation aus Versailles nach Weimar 
werden die Delegierten von der Bevölkerung unflätig beschimpft und mit 
Steinen beworfen. 
Die Reichsregierung tritt zurück. Ein neues Rabinett wird aus Sozialdemo- 
kraten und Zentrum ohne die Demokraten gebildet. Den Vorsitz führt der 
sozialdemokratische Abgeordnete Bauer. Außenminister ist Hermann Müller. 
Die Frage „Unterzeichnen oder nicht Unterzeichnen auf jede Gefahr" rührt das 
ganze Volk leidenschaftlich auf. 
Zwischenspiel am 21. Juni. Die deutschen Matrosen, die unter dem Diktat 
des Feindes, unter Bewachung englischer Kriegsschiffe die deutschen Schiffe nach 
der Bucht von Scapa Flow haben bringen müssen, versenken ihre Flotte. Sechs 
Panzerkreuzer, zehn Linienschiffe, acht Rleine Rreuzer, fünfzig Torpedoboote und 
einhundert Unterseeboote suchen fast ohne Ausnahme den Meeresboden auf, 
um der Schmach zu entgehen, die seit der Revolution auf ihnen liegt. Es sind 
die alten Sieger von Skagerrak, die solches tun. 
Am 22. Juli nimmt die Nationalversammlung mit 257 Stimmen die Unter- 
Zeichnungsvorlage an. 13S Stimmen sind dagegen. Fünf Abgeordnete wissen 
nicht, ob sie ja oder nein sagen sollen. 
Die nationale Ehre bäumt sich noch einmal gegen Schimpf und Schande. 
Die Regierung verweigert die Anerkennung des erpreßten Schuldbekenntnisses. 
Clemenceau erklärt eisig, es gebe keine Zusätze, es handle sich um bedin- 
gungslose Unterzeichnung oder — Fortsetzung des Rrieges. Das Schwert, das 
auf dem Tisch liegt, wird aufgehoben. 
Nach neuer Befragung der Nationalversammlung erklärt die deutsche Re- 
gierung, daß sie sich der Gewalt füge. 
Am 28. Juni 1919 wird im Spiegelsaal zu Versailles, der vor achtundvierzig 
Jahren die Neugründung des deutschen Raiserreichs sah, das Dokument unter- 
zeichnet, das nach dem tDillen seiner Urheber Deutschland aus der Reihe welt- 
geltender Mächte auslöschen sollte. 
☆ 
Hoch über allem Menschlichen waltet das Schicksal. Es verteilt seine Lose 
nach unerforschlichen Gesetzen. Es läßt Völker entstehen, rüstet sie mit Rraft 
und XOiUtn und stellt sie vor gewaltige Aufgaben. Es schenkt ihnen den Stolz 
auf ihre Vergangenheit und den Glauben an ihre Zukunft. Es warnt sie vor 
Überhebung und vor Schwäche. 
XOtnn (Xbtt die Zeit erfüllet ist, unterwirft es sie einer furchtbaren Probe, 
damit sie erkennen mögen, was echt ist an ihnen und was Schein, was richtig 
und was falsch. 
TDer Augen hat zu sehen und Ohren zu hören, der mag seinen Urteilsspruch 
hinnehmen und ihm sich unterwerfen, auch wenn er ihn nicht begreift. Nicht 
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