Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

An dem gleichen Tage, an dem sich die ). deutsche Armee zum Angriff auf 
die Belgier beiderseits Tirlemont anschickt, steht die 5. Armee der Franzosen, 
ohne einen Schritt vorwärts zu tun, bei Mezieres-Charleville. Sie wissen im- 
mer noch nicht, ob der Vormarsch sie über Luxemburg gegen den Rhein oder 
über Givet und Namur das Maastal abwärts rufen wird. Sie verharren in 
einer verhängnisvollen Untätigkeit und lassen die Belgier auf verlorenem 
Posten im Norden. 
Am 12. August reitet das Ravalleriekorps von der Marwitz aufs neue 
gegen die Nordflanke der belgischen Stellung, wird in einem heftigen Gefecht 
abgewiesen und zieht sich befehlsgemäß auf die nachrückende }. Armee zurück. 
Sechs Tage vergehen unter wechselvollem Geplänkel. Noch sind erst die Vor- 
hüten der Infanterie zur Stelle. Mit fiebernder Ungeduld erwarten die Bel- 
gier den Anmarsch der Franzosen aus dem Süden. 
Joffre vertröstet, aber er marschiert nicht. 
Dann wirft sich am 16. August die voll versammelte ). Armee des Generals 
von Rluck mit ganzer TDucht auf die Belgier. Sie geben ihre Sache noch nicht 
verloren, obwohl sie nun wissen, daß die Franzosen nicht mehr rechtzeitig ein- 
treffen können. Ihr Zentrum weicht beiderseits Tirlemont Schritt für Schritt 
in heftigen Gefechten, die auf beiden Seiten viel Blut kosten. 
General von Rluck, dem Grundsatz der nördlichen überflügelung getreu, 
setzt eine starke Angriffsgruppe gegen die belgische Rückzugslinie an. In der 
Nacht zum 19. August treten die Belgier den Rückzug nach Antwerpen an, um 
nicht abgeschnitten zu werden. 
Die Bewegung greift auf ihren rechten Flügel über, ^wenige Stunden 
später ist der Rückzug überall im Gange. Ein schwacher Versuch wird unter- 
nommen, hinter Löwen noch einmal zum Stehen zu kommen. Nutzlos, die deut- 
schen Divisionen sind nicht mehr aufzuhalten. Die ganze belgische Feldarmee 
taucht in der schützenden Sperrkette der Antwerpener Forts unter. 
Im Verlaufe dieser Gefechte ist Marschall Joffre endlich zur Besinnung ge- 
kommen. Mit einem Schlage sieht er seinen ganzen Nordflügel aufklaffen. Die 
belgische Armee ist aus der offenen Feldschlacht ausgeschieden. Rücksichtslos 
dreht er seine 5. Armee um und schiebt sie, mit dem Gesicht nach Norden, 
zwischen Sambre und Maas hinauf. 
An dem Tage, an dem die Deutschen unter den Augen der Antwerpener 
Forts die Verfolgung der Belgier einstellen, stehen die Franzosen zwischen 
Maubeuge und Givet und harren der Ereignisse, die sich jenseits Namur ent- 
wickeln. 
☆ 
Dieser Tag bedeutet für die Franzosen das endgültige Begräbnis ihres 
Offensivgedankens in östlicher Richtung nach Lothringen hinein. Die Offensive 
selbst ist schon vorher gescheitert. 
Am 7. August brechen Teile der ). französischen Armee von Belfort her 
durch die burgundische Pforte und besetzen Mülhausen. Frankreich jubelt, die 
Revanche feiert ihren ersten Triumph. In Gedanken sieht Paris schon die 
Rolonnen der französischen Regimenter singend den Rhein überschreiten und 
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