Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Der Schutz unseres Handels erforderte nach den politischen Grundsätzen, 
denen alle Mächte gehorchten, eine starke Kriegsflotte. Die Flotte machte Eng- 
land zu unserm erbittertsten Gegner, weil sie der stärkste und sichtbarste Aus- 
druck unserer rasch fortschreitenden Handelsentwicklung war. 
England fühlte sich bei seiner eigenen schwachen TDehrntacht und bei seiner 
besonderen geographischen Lage durch den deutschen Flottenbau ohne Zweifel 
in seinein Lebensinteresse bedroht. Es glaubte sich nur solange in Sicherheit, 
als es die unbedingte Herrschaft über die See innehatte. Es gehört zur Tra¬ 
dition der englischen Politik, daß dieser Grundsatz sich gegen jede fremde Macht 
richtet, die Englands Stellung als Beherrscherin der Meere bedroht. 
☆ 
Am 26. Juni 1914 krachen in den Straßen von Serajewo, der bosnischen 
Hauptstadt, die Revolverschüsse, die ein serbischer Student abgefeuert. Der 
österreichisch-ungarische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, und seine 
Gemahlin sind die Opfer. 
Das Echo dieser Schüsse schallt über Europa und bringt den ganzen Erdteil 
zum Erzittern. 
TDoher der Haß gegen den Erzherzoge 
Serbien, von der Idee des Nationalstaates erfüllt, die das neunzehnte Jahr- 
hundert kennzeichnet, wartete mit Ungeduld auf den Tod des alten Kaisers 
Franz Joseph. Alle XOdt wußte, daß in erster Linie seine ehrfurchtgebietende 
Person die auseinanderstrebenden Teile der Donau-Monarchie aneinanderband. 
Auch Franz Ferdinand, der Thronfolger, war davon durchdrungen. Sein 
Streben ging dahin, durch innere Reformen und Zugeständnisse an die mannig- 
fachen Nationalitäten innerhalb der Monarchie einen bindenden Ersatz für die 
Gestalt Franz Josephs zu finden. Er machte sich anheischig, die feindlichen 
Glieder einander zu versöhnen und ein Neues zu schaffen. 
VOo aber blieb dann die Erfüllung der großserbischen Pläne* Sie konnte 
allein durch die Zertrümmerung Ksterreich-Ungarns herbeigeführt werden. 
Nein, dieser Thronfolger stand Serbien im TOtgt — er mußte verschwinden. 
Am 4. Juli sendet der bedauernswerte alte Kaiser, der soviel Unglück in 
seinem Hause sah, ein Handschreiben an seinen kaiserlichen Verbündeten in 
Berlin und erklärt darin, daß Ksterreich-Ungarn nun der hemmungslosen 
serbisch-russischen Agitation auf dem Balkan nicht mehr untätig zuschauen 
könne. Das Verbrechen von Serajewo verlange nach Sühne. 
Raiser 'Milhelm bringt in seiner Antwort zum Ausdruck, daß auch er die 
Lage für ernst halte. Gleichwohl begibt er sich auf die gewohnte Nordland- 
reise. Auch die amtlichen Stellen der deutschen Politik halten sich in den ersten 
Tagen noch zurück. Man glaubt noch nicht an die 'Wahrscheinlichkeit einer 
kriegerischen Verwicklung und verläßt sich auf die Arbeit der Diplomatie. Als 
sich aber die unmittelbar drohende Kriegsgefahr immer deutlicher abzeichnet, 
setzt eine energische deutsche Friedenspolitik ein. 
Am 22. Juli gibt der österreichische Botschafter in Berlin der deutschen 
Regierung Kenntnis von dem Text des Sühne-Ultimatums, das bereits von 
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