Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

Die Stunde rückt näher, in der die großserbischen Traume reifen. Rußland 
hat während des Balkankrieges und während der Londoner Konferenz gut 
sekundiert. 
Vlodj bevor man in London sich heiß und vergeblich bemüht, den Balkan 
zu ordnen, setzen im September des Jahres 1912 nach eingehenden und jähre- 
langen Besprechungen die Vertreter der englischen und der französischen Admi- 
ralität ihre Unterschriften unter die englisch-französische Marinekonvention. 
Ihre Bestimmung ist die Regelung des Zusammenwirkens der beiderseitigen 
Flotten im Falle eines Rrieges mit Deutschland. England wird die ganze 
Nordsee einschließlich der französischen Nordküste unter seine Fittiche nehmen. 
Frankreich übernimmt das Mittelmeer, denn man weiß noch nicht mit Be- 
stimmtheit, auf welche Seite Italien, das vertraglich immerhin ein Mitglied 
des mitteleuropäischen Dreibundes ist, sich stellen wird. 
Dies Abkommen, sehr bald durch Vereinbarungen über das Zusammen- 
wirken der Landheere ergänzt, hat seine besondere Geschichte. Im Februar 
des Iahres weilte Lord Haldane in Berlin, um mit dem Deutschen Raiser die 
Möglichkeit einer deutsch-englischen Flottenbau-Verständigung zu besprechen. 
Eine solche war naturgemäß nur durch den Verzicht auf einen Teil des deutschen 
Bauprogramms zu erreichen. Reichskanzler von Bethmann Hollweg, von der 
Zweckmäßigkeit einer politischen Verständigung mit England angesichts der 
kriegerischen Vorbereitungen rings um die deutschen Grenzen überzeugt, war 
zum Entgegenkommen bereit. Selbstverständlich verlangte man von den Briten 
als Gegenleistung die Zusicherung ihrer Neutralität für den Fall, daß Deutsch- 
land auf dem Festlande angegriffen werde. 
Lord Haldane, der persönlich wohl mit Bethmanns Vorschlägen einver- 
standen war, wurde von seiner Regierung zurückgezogen. England lehnte die 
Verständigung ab und berief sich darauf, daß ein solches Versprechen Englands 
Freundschaft mit anderen Mächten beeinträchtigen könne. 
England will die Verständigung mit Deutschland wohl, wenn Deutschland 
einseitig Opfer dafür bringt und seine Flotte reduziert. Es will sie nicht, 
wenn es selbst dadurch zu einer klaren Stellungnahme gezwungen wird. Es har 
im Gegenteil nichts Eiligeres zu tun, als seinen schon lange bestehenden engen 
Beziehungen mit Frankreich durch die Marinekonvention und durch militärische 
Vereinbarungen einen eindeutigen, gegen die Mittelmächte gerichteten Charakter 
zu geben. 
Rasch folgt eine Verständigung mit dem Zarenreich über die alten Diffe- 
renzen der beiderseitigen Politik im nahen Asien. 
☆ 
Das Iahr 1914 Zieht herauf, mit ungeheuren und kaum noch erträglichen 
Spannungen geladen. 
Rußland schließt mit Frankreich die letzte Milliardenanleihe ab. Sie gilt, 
wie offen zugegeben wird, für den Bau strategischer Bahnen gegenüber Österreich 
und Deutschland. Ein russischer Rronrat stellt im Februar ein „Aktionspro- 
gramm" auf. Der russische Außenminister Sasonow erklärt vor diesem Rron-
	        
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