Volltext: Band II. Der Weltkrieg 1916 - 1918 (Band II. 1919)

nommen. Anch die kleineren Städte in Kurland, Livland und Esthland, find 
vor Jahrhunderten durch deutsche Einwanderer gegründet worden, zum größten 
Teile noch immer deutsch und nun ihrem Stammlande zurückgewonnen worden 
Der Oktober brachte neue Überraschungen auf jenem Kriegsschauplätze 
he Eroberung der russischen Inseln vor dem Meerbusen von Riga durch deutsche 
Truppen mit Hilfe der tatkräftigen Unterstützung durch die deutsche Flotte. 
Diese Inselgruppe, deren größte Oesel ist, beherrscht den Seeverkehr von Riga, 
Petersburg und Helsingfors und die Verbindung der russischen Kriegshäfen 
Baltischport, Reval und Kronstadt mit der Ostsee. 
Am 12. Oktober donnerten plötzlich vor diesen Inseln die schweren deutschen 
Schiffsgeschütze, die Küstenbefestigungen wurden niedergerungen, deutsche Truppen 
landeten und binnen sechs Tagen waren die rund 2900 Geviertkilometer unu 
fassende Insel Oesel, sowie die Inseln Dagö, Runö, Albro und Moon in deutschem 
Besitz. Mehr als 20.000 Gefangene, über 100 Geschütze, 150 Maschinengewehre 
und Mtnenwerser, 1200 Fahrzeuge, 1000 Pferde, 30 Kraftwagen, 10 Flug¬ 
zeuge, 2 Staatskassen mit 365.000 Rubeln und große Vorräte an Ver¬ 
pflegung und Schießbedarf fielen in die Hände der Sieger. 
Die schwere Niederlage, welche die Kriegspolitik Kerenskis erlitten hatte, 
mußte naturgemäß auch die Stellung dieses Mannes, der sich zum Diktator 
Rußlands gemacht hatte, erschüttern. Ein Vorstoß der äußersten Linken, der 
sogenannten Bolschewiki, begann am 7. November in Petersburg und machte 
Ine Partei in kürzester Frist zum Herrn Rußlands. In der richtigen Erkennt¬ 
nis, daß der Krieg die Konsolidierung der Verhältnisse in Rußland selbst un= 
möglich mache, tat die Leitung der Partei den ersten Schritt zum Frieden: sie 
wies den Oberbefehlshaber an, um einen Waffenstillstand zum Zwecke der Er¬ 
öffnung von Friedensverhandlungen anzusuchen. Zugleich versuchte die bolsche¬ 
wistische Regierung, bei den Verbündeten Rußlands für den allgemeinen Frieden 
3lt. lu^en- Nachdem schon in den ersten Dezembertagen an vielen Stellen der 
russischen Front örtliche Waffenruhe vereinbart worden war, begannen am 
4. Dezember die offiziellen Waffenstillstands Verhandlungen. Am 5. Dezember 
wurde zunächst eine zehntägige Waffenruhe vereinbart, die am 7. Dezember, 
12 Uhr mittags, an der ganzen russischen Front begann. Am 10. Dezember 
wurde auch mit den russisch-rumänischen Truppen zwischen Dnjestr und Donau- 
mündung ein Waffenstillstand abgeschlossen. Am 15. Dezember wurde dann in 
Brest-Litowsk vom Prinzen Leopold von Bayern und Vertretern der verbün¬ 
deten Mächte ein Waffenstillstandsvertrag mit Rußland auf die Dauer von 
28 Tagen, gültig vom 17. Dezember, mittags 12 Uhr, an unterzeichnet. Mit 
km Jahr ging auch der Krieg an der Ostfront zu Ende. 
Am 22. Dezember begannen in Brest-Litowsk die offiziellen Friedens- 
Verhandlungen zwischen den Vertretern der Zentralmächte und Rußland. 
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