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JOERG GARTNER.
Der mittelalterliche Kunstbetrieb war zugleich
ein handwerklicher. Es kann darnach keinem
Zweifel unterliegen, dass aus der Werkstätte Gärtners
neben den figuralen Arbeiten seiner Grabmonumente
auch mehr untergeordnete, um nicht zu sagen un¬
bedeutende Werke hervorgegangen sind. Es sind
vorwiegend heraldisch-ornamentale Dekorations¬
stücke , wie sie die Grabsteinplastik zwar allent¬
halben aufzuweisen
hat, die aber mit ihrer
eleganten Linienfüh¬
rung und ihrem
feinen Raumgefühl
wesentlich über die
Handwerksroutine
der Zeit hinausragen.
Zu diesen Arbeiten
Gärtners rechne ich
zunächst die schlich¬
ten Steine für eine
Barbara Hilbrant,
gest. 1506, am Kreuz¬
gang des Domes zu
P a s s a u und für den
Passauer Bürger Eras¬
mus Moschperger,
gest. 1521, ebenda.
In unmittelbarer
Nähe des Monu¬
mentes des Tristram
Fröschl findet sich
ein weiterer hieher
gehöriger Stein. Be¬
reits 1432 für einen
Heinricus Sympho-
nista errichtet, fand
er nochmals Verwen¬
dung für den Pas-
sauerKanonikusWar-
mund vonPienzenau,
gest. 1513, der vor¬
her Pfarrer von Burg¬
hausen gewesen war. Der Grabstein erhielt oben
innerhalb der älteren Umschrift eine neue Legende;
in die Mitte wurde in eine leichte Vertiefung mit
Kielbogen ein einfaches Wappen der Pienzenauer
gesetzt, flankiert von zwei knorrigen Ästen, deren
einfache Blattendigung sich oben verschlingt und
von einem Traubenbüschel gekrönt wird. (Abb. 17.)
Eine ähnliche Wappenkomposition, in der
Zeichnung etwas reicher, im Relief dagegen flacher
zeigt der Stein eines Cristoff Sutterpurg, gest. 1515,
an der Ostwand des Domkreuzganghofes in Pass au
(Abb. 16). Die beiden letztgenannten Reliefs atmen
in ihrer Einfachheit und Präzision ein ausserordent¬
lich feines Formgefühl; es liegt in ihnen, nament¬
lich in dem Pienzenauer Wappen, etwas von der
schlichten Grösse alter deutscher oder moderner
englischer Exlibris.
Einen reicheren
Wappenstein hat
Joerg Gärtner dem
Passauer Bürger¬
meister Jakob Endl
in der Maria-Parz-
kapelle des ehern.
Benediktinerinnen-
stiftes Niedernburg-
P a s s a u errichtet
(Abb. 18). Hier stellte
er das Wappen mit
seiner hochragenden
Helmzier in die
gleiche Nische, wie
wir sie am Steine
der Barbara von
Watzmannsdorf in
Hutturm gefunden
haben. Die ganze
Nische wird von Ast-
und üppigem Blatt¬
werk umrahmt, und
die gleichfalls blatt¬
artig geschnittene
Helmdecke windet
sich um die knorri¬
gen Stämmchen. In
seiner Komposition
hat der Stein viel
Verwandtes mit den
Wappensteinen des
Wolfgang Leb.1) Die
Jahrzahl 1516 an der
unteren Innenschräge nennt uns die Entstehungs¬
zeit dieses ebenso reichen wie eleganten Werkes.
Ihm reihen wir ein gleichvollendetes an in dem
Grabstein des 1519 verstorbenen Passauer Bürgers
Jörg Prenczl, der seine letzte Ruhestätte bei
St. Severin in Pass au fand (Abb. 19). Der Stein
x) Ph. M. Halm, Wolfgang Leb, in der Zeitschrift des
Münchener Altertums-Vereins XIV. u. XV. Jahrgang (1903
bis 1904) S. 20.
9. Vom Grabstein des Jörg Schenck von Neideck, f 1504,
in der Dominikanerkirche in Regensburg.