Volltext: Heinrich Wottawa

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Schrift verzeihen — seit acht bis zehn Wochen habe ich außer 
Hnnderttausenden von Notenköpfen keine Schrift geschrieben." 
Exaktheit und Schwung kennzeichneten auch die persönliche 
Erscheinung Wottawas. Man erkannte an Kleidung, Haltung 
und Sprache seine feine Erziehung und gleichmäßige Achtsam^ 
keil. Mehr als mittlerer Größe, hatte er blondes Haar mit 
kräftigem Schnurrbart. In den Gesichtszügen lag Energie und 
Milde zugleich. Vor den lichten, lebhaften Augen steckte ein 
feiner Zwicker. Die Umgangsformen waren die eines gebildeten, 
liebenswürdigen Wieners; sie empfahlen ihn offenbar auch als 
Klavierlehrer in vornehmen Häusern. Wirklich erhielt er, als 
seine Studien in der Hauptsache beendet waren — durch Ver 
mittlung Bösendorfers —, ein Engagement beim Grafen Geza 
Zichy in Tetetlen, Ungarn, behufs Unterrichtes der Kinder 
des Grafen. 
Die hervorragende Stellung des letzteren in der musikalischen 
Welt ist bekannt. Er war ein Virtuose im Klavierspiel mit einer 
Hand; die rechte hatte er als 14jähriger Knabe durch ein Unglück 
verloren. Seit 1880 gab er zahlreiche Wohltätigkeitskonzerte im 
In- und Anslande. Eine Reihe von Jahren war er Präsident 
der ungarischen Landes-Musikakademie in Budapest und Wot- 
tawa wurde dort supplierender Lehrer. 
Mit dem Unterrichte nahm es Wottawa jederzeit genau. 
Auch seine eigene Fortbildung betrieb er emsig, wenn er auch 
in Tetetlen weniger Gelegenheit hiezu fand als er in Wien 
gefunden hätte, wenn er dort geblieben wäre. Sein komposi 
torisches Können versuchte er namentlich in Liedern. Hiermit 
seinem Lehrer Dunkl eine Freude zu machen, war ihm 
ein Bedürfnis. Er schrieb demselben am 21. November 1887 
aus Tetetlen: „In Voraussetzung Ihrer gütigen Bereitwilligkeit, 
diesen Zeilen einen Teil Ihrer kostbaren Zeit widmen zu wollen, 
nehme ich Anlaß, Sie von einem Akte in Kenntnis zu setzen, 
den ich in nächster Zeit und in Verbindung mit Ihrer Person 
vorhabe und der dem schuldigen Gefühle meiner wärmsten Dank 
barkeit und Verehrung zu Ihnen, als meinem förderndften 
Lehrer, entspringt, dem ich mehr als allen seinen Nachfolgern 
zu Dank verpflichtet bin. Angeregt durch meine besondere Quali 
fikation in der Liedkomposition, die mir durch das Urteil des 
großen R. Franz bewußt wurde, sowie die befriedigende Kritik 
meiner ersten Versuche durch Professor Franz Krenn, trete ich 
mit meinem ersten Liederwerke im Dezember in die Öffent 
lichkeit. Ich glaube — sofern ich mir bewußt sein kann, mit 
einer Komposition in die Welt zu treten, die einer Dedikation 
überhaupt würdig ist — keinem besseren Triebe folgen zu können 
als dem, der in mir stets lebt: Ihnen, hochverehrtester Herr 
und — (weisen Sie den Titel nicht zurück) — Meister, mit 
irgend bescheidenen Kräften den Beweis zu liefern, daß ich mich
	        
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