Volltext: Historische und topographische Darstellung von Lilienfeld und seiner Umgegend [6] (6 = [Abth. 1] ; [Bd. 6] : Diöcese von Sanct Pölten ; Bd. 1 ; / 1825)

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denselben hätte gelassen fügen können. Von dem peinlichen 
Gefühle seiner Demüthigung gequält, von den sarkastischen 
Vorwürfen der Königin, eines hochfahrenden Weibes, verfolgt 
und aufgereiht; von frischen Hoffnungen, ihm aus den neuen 
Schaaren zuströmender Bundesvölker erblüht, bestochen, will 
er noch einmahl das große gefährliche Kriegsspiel wagen. Bey 
dem Anblicke seiner sieggewohnten Veteranen, an der Spitze 
eines dicht gedrängten kampflustigen Heeres, in dessen Reihen 
das deutsche Ordens-Panier hoch flatterte, und die Fähnlein 
der Pohlen, Bulgaren, Pommern, und der Magdeburger im 
bunten Farbenspiele, wie Kornblumen durch das Gold eines 
weiten Saatfeldes, schimmerten, beschleicht ihn die Zuversicht 
des Sieges — er winkt! — der Schicksalswürfel rollt — und 
das Marchfeld trinkt Ottokars Blut. Er fiel der Herrschsucht! 
-— Darum ist es besser, daß er fiel, als wenn in der Folge 
Millionen vielleicht, seinem Ehrgeitze ein Opfer, hätten fallen 
müssen. 
So lange das Loos Oestreichs zwischen den zwey mächtigen 
Kämpfern gleichsam schwebend mitten inne hing, und die Par 
teyen sich dorthin neigten, wohin ihre Leidenschaften sie trie 
ben, blieb Abt Paul keinen Augenblick unschlüssig über das, 
was ihm sein Pflichtgefühl'dictirte. Er bewahrte dem Könige, 
der sich dem Kloster so oft gnädig erwiesen, die ihm angelobte 
Treue so lange, bis der Herr der Schlachten über ihn entschie 
den. Dann aber, als er selbst unter das Gesetz des Siegers 
sich gebeugt, empfahl Paul sich und sein Kloster der Gnade 
und der Huld des großherzigen Rudolphs. Dieß, und die 
Verhandlung mit den Chunringern Liutold, Heinrich und Al- 
bero, welche dem Abte einen Grund übepließen, um darauf die 
Kirche von Dresing an der mährischen Gränze, worüber Li-12 
^ lienfeld das Patronats-Recht ausübte, die aber auf einem 
sumpfigen, ungesunden Boden stand, zu überbauen, sind die 
zwey einzigen Monumente, welche an Abt Paul erinnern. Er 
starb im Apvill des Jahres 1277.
	        
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