Volltext: Historische und topographische Darstellung von Lilienfeld und seiner Umgegend [6] (6 = [Abth. 1] ; [Bd. 6] : Diöcese von Sanct Pölten ; Bd. 1 ; / 1825)

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Dieses Fest war für den Abt das letzte Aufstackern der Le 
benslust! er ward jetzt gewahr, wohin das unselige Eisenpro- 
ject das Kloster gebracht. In ein unabsehbares Labyrinth von 
Schulden verwickelt, mit einem ganz vernichteten Credit, und 
wegen den kaiserlichen Gabenrückständen mit 10 pCt. ver 
pönt, konnte er sich's nicht bergen, wie diese heillosen Folgen 
einer irre geleiteten Speculation auch auf die moralische Hal 
tung des Klosters einwirkten. Der Untergebene sucht gewöhn 
lich, für seine Abhängigkeit von dem Obern, sich an diesem 
dadurch zu rächen, daß er alle seine Schritte lauernd bewacht, 
sein Gutes als eine nothwendige Bedingniß seiner Würde be 
trachtet, und seine Schwächen mit einer geheimen Schaden 
freude nach aller Strenge richtet. Dieß Loos traf auch den 
Abt Sigmund: seine Untergebenen betrachteten ihn als die 
Ursache des gefährdeten Klosterzustandes, und schrieben alles 
Nachtheilige den Mißgriffen seiner Regierungsweise zu. Er 
that zwar sein Möglichstes, den gesunkenen Angelegenheiten 
des Klosters aufzuhelfen, und das leckgewordene Schiff vom 
gänzlichen Untergänge zu retten; er suchte und erhielt vom 
Kaiser die Erlaubniß, bey dem Stifte Melk ein Capital von 
26000 Gulden aufzunehmen; er verpachtete auf drey Jahre 
den Wienerhof um 4600 Gulden; und berief Sachkundige nach 
Annaberg, um sich mit ihnen an Ort und Stelle zu berathen, 
ob das ausgebeutete Eisen nicht zu Commerzial-Waaren, oder 
zur Bereitung des Vitriols verwendet werden könnte. Aber die 
Wunden waren zu tief geschlagen, die vorgeschlagenen Mittel 
bloße Palliative, und das Mißtrauen gegen alle seine Vorkeh 
rungen zu tief gewurzelt, um ein gemeinsames energisches Wir 
ken, als den sichersten Rettungsweg, wieder herzustellen. Die 
Unzufriedenheit aller Mitglieder äußerte sich unverhohlen in 
lauten Klagen, welche endlich einen so enstlichen Charakter an 
nahmen, daß der Abt von Rain dafür hielt, sich ins Mittel 
legen zu müssen. Indeß verbath sich der Hof sein Dazwischen 
kommen. Endlich machte der Tod den besten Mittler; indem 
er den Abt von einer Bühne abrief, wo ihm keine Freude mehr 
blühte — den 4. April 1716. 4716.
	        
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