Volltext: Festschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes des Staats-Obergymnasiums in Krummau

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losch, war ein unablässiges heldenmütiges Ringen eines feurigen, hoch 
begabten Geistes mit dem von schwerem Leiden gequälten Körper gewesen. 
Aber der Mensch, der dieses Leben gelebt, war dank seiner Geistesgröße 
und Willensstärke Sieger geblieben in dem schweren Kampfe: nicht nur, 
daß er zwei Fakultäten unter schwersten körperlichen Leiden absolviert 
und sich umfassende Kenntnisse aus dem Gebiete der Rechts- und Sprach- 
wisfenschast, der Philosophie und Literatur der europäischen Kulturvölker 
und die Kenntnis von vier Sprachen außer der Muttersprache angeeignet 
hatte, hatte er sich nach schweren inneren Krisen wieder zu tapferer Lebens 
bejahung durchgerungen und war voll froher Schaffensfreude gerade 
auf dem Wege, sich eine angesehene Stellung als Dichter und Literar 
historiker zu schaffen, als ihm der Tod die Feder entwand. Aber bevor 
er diesen Sieg errang, mußte er die ganze Stufenleiter menschlicher Gefühle 
durchlaufen: von dumpfer Verzweiflung über sein Siechtum bis zu bewußter 
Entsagung, von Todessehnsucht bis zur jauchzenden Freude am Leben 
und an der Liebe; alles das und alles anders an Bangen und Sehnen, 
Fürchten und Koffen hat er in der Zeit feiner Entwicklung in zum Teil 
formvollendeten Gelegenheitsdichtungen') im besten Sinne des Wortes 
niedergelegt und ist so zum Dichter geworden. Ich muß es mir aus 
Platzmangel versagen, diesen Leidensweg an einzelnen Gedichten aus 
zuzeigen. Rur eines möchte ich hiehersetzen, das seine Willenskraft und 
Seelengröße offenbart, indem es zeigt, wie er sein körperliches Leiden so 
weit überwunden hat, daß er die Kraft ausbringt, es humorvoll zu 
betrachten. 
Das Gedicht lautet: 
Immer wieder dringt die Frage 
Don Bekannten an mein Ohr: 
„Lieber Freund, fürwahr, wir staunen, 
Wie bewahren Sie Kumor? 
Sie, der an das Belt gefesselt 
Schon solange durch sein Bein, 
Os! von Schmerzen arg gefoltert — 
Und doch heiter trotz der Pein!" * 
„Ja, ihr Lieben, das gerade 
Kat bewahrt mir den Kumor: 
Mit dem linken Bein auffteh'n 4 
Kann ich nie mehr wie zuvor." 
r ) Gedichte von Carl Neubauer, Pierson 1903.
	        
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