Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

282 Großbritannien während des ersten Kriegshalbjahres 
stoffen wie von den Geschossen und Gewehren. Es würden auch alle Anstrengungen ge 
macht, den deutschen 42-Zentimetermörsern eine gleichwertige Waffe gegenüberzustellen. 
Schließlich erklärt der Minister für Indien, Lord Crewe, ein Rekrutierungssystem, das 
ernen Stillstand oder auch nur eine Entmutigung der britischen Exportindustrie mit sich 
brächte, würde aus den schließlichen Erfolg der britischen Waffen ungünstiger einwirken, 
als wenn die Rekrutierung um einige Tausend hinter den Erwartungen zurückbliebe. 
10. Januar 1915. 
Aus den Parlamentsdebatten geht hervor, daß die Rekrutierung in Irland 
annähernd ergebnislos verlaufen ist. Auch die bewaffneten irischen Freischaren (Volun- 
teers) haben sich der Regierung nicht zur Verfügung gestellt. 
18. Januar. 
Die „Morning Post" klagt über die geringe Anzahl der neu angeworbenen 
Mannschaften, an einzelnen Tagen meldeten sich kaum 200 Leute zum englischen 
Heer, während sich dessen tägliche Verluste auf 500 bis 600 Mann beliefen. 
20. Januar. 
Unter dem Vorsitze des Königs Georg V. hat im Buckingham-Palast ein neuer Kron- 
rat in der Wehrfrage stattgefunden. Man versichert, Asquith wolle sich vom 
Parlament die Befugnis erteilen lassen, im Falle einer drohenden feindlichen Invasion 
alle waffenfähigen Männer Englands zwangsweise auszuheben. Der Lordkanzler Haldane 
hat sogar in einer Rede erklärt, der Regierung stünden Mittel zur Verfügung, im Not 
fall die allgemeine Wehrpflicht ohne Parlamentsbeschluß einzuführen, — eine Bemer 
kung, die in der Oeffentlichkeit, namentlich bei den Liberalen und der Arbeiterpartei, 
lebhaften Widerspruch hervorgerufen hat. 
21. Januar. 
178 englische Lords, davon 156 Mitglieder des Oberhauses, dienen im Heer oder 
bei der Marine. Darunter befinden sich sieben Herzöge, zehn Marquis, 61 Earls, 
22 Viscounts und 77 Barone. Drei Lords sind schon gefallen, sechs verwundet und 
zwei kriegsgesangen. 
30. Januar. 
„Westminster Gazette" stellt fest, daß sich 190 Mitglieder des Oberhauses und 
200 Mitglieder des Unterhauses im Krieg befinden. Von den Unterhaus 
mitgliedern seien etwa 50 Liberale, die Mehrzahl der übrigen Konservative. 
* * * 
Das in den vorstehenden Meldungen aus besten Quellen zusammengetragene Tat 
sachenmaterial wird durch verschiedene ausführliche Berichte von neutraler 
Seite näher beleuchtet. So schrieb Ende November ein Berichterstatter der „New- 
Iork World", der seit Ausbruch des Krieges in England weilte und viel in englischen 
Offizierskreisen verkehrte, auch mehrere Unterredungen mit General Hamilton hatte: 
„Als der Krieg ausbrach, war England mit Ausnahme seiner Flotte dafür völlig 
unvorbereitet. Zwei der führenden Männer, der Premierminister Asquith, der zu 
gleich das Kriegsministerium innehatte, und der Erste Seelord, Prinz Louis von 
Battenberg, waren sehr unpopulär. Asquith tat sogleich den einzig rettenden Schritt, 
indem er Kitchener zum Kriegsminister machte. Das beruhigte den englischen Durch 
schnittsbürger vollkommen. Er ging in seinen Klub, trank auf das Wohl des neuen 
Kriegsministers, sang „Britamria rules the waves“ und erklärte, nun sei der Krieg ge 
wonnen. „Kitchener wird es schon machen." Kitchener aber wußte ganz genau, eine 
wie ungeheuer schwierige Aufgabe ihm gestellt war. Als er zunächst 100 000 Freiwillige 
für das Heer forderte, war er sich klar, daß die Regierung keine Gewehre und Uni 
formen hatte, um sie auszurüsten, und damit sich nicht zu viele meldeten, verlangte er
	        
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