Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Das französische Wirtschaftsleben 
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Ueber die Einflüsse des Krieges aus das Wirtschaftsleben Frankreichs sind wir nur 
teilweise und häufig erst auf dem Umwege über neutrale Länder unterrichtet worden. 
Es ist somit vorerst unmöglich, einen erschöpfenden Ueberblick zu geben. Unsere Dar 
stellung wird sich mit der Gruppierung einzelner, später zu ergänzender Mitteilungen 
und Beobachtungen begnügen, aber bis Anfang März ausdehnen müssen, damit die in der 
Kammerrede des Finanzministers Ribot vom 18. März 1915 enthaltenen Angaben mit 
benützt werden können. 
Die Lage des französischen Geldmarkts, die beim Ausbruch des Krieges die 
denkbar ungünstigste war (vgl. I, S. 306 ff.), ist auch während des Krieges schwierig 
geblieben. Noch Ende September 1914 sah sich die Regierung genötigt, dem „Credit 
Lyonnais", der ältesten und angesehensten Bank Frankreichs, die Auszahlung der fälligen 
Teildividende für das erste Halbjahr aus seine Aktien zu untersagen. Und um Kriegs 
artikel und Lebensmittel in Amerika kaufen zu können, ohne Goldsendungen machen zu 
müssen hat die französische Regierung Ende Oktober 1914 an die National City Bank 
in New Jork 50 Millionen Franken 6prozentige Schatzbons mit einjähriger Laufzeit ver 
kauft. Später wurden in London 50 Millionen Franken einjährige 5prozentige Schatz 
scheine zum gleichen Zweck untergebracht und im Januar 1915 weitere 250 Millionen 
Franken 5prozentige Schatzscheine. 
Gleich zu Anfang des Krieges, bereits am 4. August 1914, erließ die französische Re 
gierung ein Moratorium, das sich aus Wechsel-, Waren- und andere Schulden, Bank 
depositen, Sparkassengelder, Versicherungsgelder, Zinsscheine, selbst Schuldverschreibungen 
und Mieten erstreckte. Die Banken brauchten nur 250 Franken und 5% des Restes im 
ersten Monat auszuzahlen, weitere 15% des Restes im zweiten Monat, weitere 5 % im 
dritten Monat und bis 1000 Franken nebst 50 % des Restes in den beiden letzten Monaten 
des Jahres 1914. Die Sparkassen zahlten von den Einlagen aus jedes Buch nur 
alle 14 Tage 50 Franken aus. Trotzdem überwogen die Auszahlungen ununterbrochen; 
sie überstiegen die Einzahlungen in der Zeit vom 1. Januar bis 1. Dezember 1914 um 
101084570 Franken, und vom 1. Januar bis 20. Februar 1915 um 20047628 Franken. 
Durch ein Dekret vom 27. Oktober 1914 begann dann der Finanzminister mit dem Abbau 
des Moratoriums. Es sollte danach für diejenigen Schuldner, die der Armee ange 
hören oder in vom Feinde besetzten Gegenden wohnen, in Kraft bleiben; die übrigen 
Schuldner sollten vom 1. Dezember 1914 an durch Anrufung des Zivilgerichts zur Zah 
lung verpflichtet werden können. Die obligatorische Rückzahlung von Bankdepots wurde auf 
40% im November und auf 50°/« im Dezember festgesetzt; für Rückzahlungen zur Be 
streitung von Arbeitslöhnen, zum Ankauf von Rohmaterialien und ähnlichen Bedürfnissen 
wurde der Prozentsatz auf 75 erhöht. Rückzahlungen bis zu 1000 Franken sollten unver 
kürzt erfolgen. Jedoch bereits am 27. November 1914 war die Regierung genötigt, 
auf den Antrag des Handels- und Finanzministers diese Bestimmungen für den Monat 
Dezember wieder aufzuheben, was die unbeschränkte Verlängerung des allgemeinen Mora 
toriums bis zum 1. Januar 1915 bedeutete. Am 15. Dezember 1914 wurde eine neue Frist 
von 60 Tagen für die Zahlungen im kaufmännischen Verkehr gewährt, Ende Februar 1915 
eine weitere Frist von 60 Tagen bis zum 1. Mai 1915. Schließlich sind durch ein Dekret 
des Finanzministers vom 23. Dezember 1914 die früheren Moratoriumsbestimmungen 
für fällige Zinsen, Zinsscheine, Dividenden, rückzahlbare Obligationen und gezogene 
Lose bis 1. April 1915 ausgedehnt und durch ein Dekret vom 10. März 1915 die 
früher gewährten Erleichterungen in der Zahlung der Mietzinse auf weitere 
drei Monate vom 1. April auf 30. Juni 1915 verlängert worden. Schließlich darf nicht 
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