Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

234 D i e Kämpfe an der We ft front bis Mitte Januar 1915 
19. Dezember 1914. 
Der Artikel 49 des Haager Abkommens über die Gesetze und Gebräuche des Land 
krieges gibt den Okkupanten eines feindlichen Gebietes das Recht, besondere Auflagen 
zur Deckung der Bedürfnisse des Heeres oder der Verwaltung des Gebietes zu erheben. 
Auf Grund dieser von allen Teilnehmern der Haager Konferenz, also auch von Belgien 
anerkannten Bestimmung, hat die deutsche Heeresverwaltung beschlossen, für die Unter 
haltung des Okkupationsheeres auf die Dauer eines Jahres eine monatliche Kon 
tribution von 40 Millionen Frs. einzufordern. Die Landtage der neun belgi 
schen Provinzen haben beschlossen, diese Kontribution durch Ausgabe von Schatzscheinen 
aufzubringen, für die die neun Provinzen solidarisch hasten. Die Schatzscheine werden 
von einem Bankkonsortium, an dessen Spitze die belgische Loolete Generale steht, übernommen 
und bei dem noch zu schaffenden Noteninstitut lombardiert werden. Der General 
gouverneur hat die Erklärung abgegeben, daß bei pünktlicher Zahlung der einzelnen 
Kontributionsraten die Requisitionen bar bezahlt werden, und daß die Rohstoffe, die 
die Reichsregierung in Antwerpen, Gent und anderen Plätzen gekauft hat, so bald als 
möglich bezahlt werden sollen. Diese Bezahlung wird nach Durchführung des Trans 
portes der Güter nach Deutschland und nach Schätzung des Preises erfolgen, und zwar 
ohne daß eine Geldübertragung von Deutschland nach Belgien während des Krieges zu 
geschehen hat. Das Abkommen tritt sofort in Kraft und mit ihm hören alle von den 
einzelnen Städten noch zu leistenden Sonderkontributionen aus. Die bisher schon ge 
zahlten Summen sind verfallen. Aber alle noch nicht gezahlten Raten werden in das 
neue Abkommen verrechnet. Das bedeutet für die einzelnen betroffenen Gemeinden, für 
Antwerpen namentlich, eine wesentliche Erleichterung. 
24. Dezember. 
Der belgischen Nationalbank ist das Notenprivileg entzogen worden. Es wurde 
der „Sooists Generale de Belgique“ verliehen. Die Verfügung des Generalgouverneurs 
hat folgenden Wortlaut: 
„Die Belgische Nationalbank brachte auf Beschluß des belgischen Staatsministeriums 
vom 26. August 1914 den gesamten Metallbestand, eine große Menge zur Ausgabe 
fertiger Noten, ihre Notenklischees und Notenstempel, ferner die bei ihr deponierten 
Werte des Staates, die von Privaten als Kaution hinterlegten Werte, sowie Wert 
papiere der Caisse Generale d’Epargne et de Retraite nach London. Eine mit Zu 
stimmung der deutschen Regierung nach London entsandte Kommission, bestehend aus 
Mitgliedern des Verwaltungsrates der Nationalbank, die einen Teil dieser Werte nach 
Brüssel zurückbringen sollte, erhielt von der Bank von England, wo die Werte deponiert 
sind, den Bescheid, daß sie sich mit dem belgischen Finanzminister in Le Havre ins Ein 
vernehmen setzen solle. Der belgische Finanzminister aber erklärte, daß er sich die Ver 
fügung über die in England befindlichen Metallvorräte sowie der Noten und Klischees 
der Nationalbank vorbehalte. Die Nationalbank schoß ferner im Widerspruch mit ihren 
Satzungen, die die Gewährung von Blankovorschüssen untersagen, der belgischen Regie 
rung große Summen ohne Deckung vor. Der belgische Finanzminister nahm diese Vor 
schüsse mit der wörtlichen Begründung in Anspruch, daß sie „den Charakter einer Requi 
sition trügen, der die Bank zu gehorchen habe, obgleich sie ein Privatinstitut sei". (Brief 
des Finanzministers an die Nationalbank vom 20. August 1914.) Das Verhalten der 
Nationalbank und des Finanzministers ist wider Recht und Gesetz. Es verletzt die von 
der belgischen Regierung der Nationalbank gegebene Verfassung aufs schwerste und stellt 
das Land vor eine große Gefahr, denn der belgische Finanzminister könnte den Metall 
vorrat der Bank, diese Reserve der Volkswirtschaft, direkt oder indirekt zu Kriegszwecken 
verwenden. Dadurch würde die Grundlage des Notenumlaufs von rund 1600 Millionen
	        
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