Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

226 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
minister Hymans und Cooreman waren in Holland, um die Situation der belgischen 
Flüchtlinge dort zu untersuchen. Mit demselben Auftrag ging Vandervelde nach England 
und Schollaert ist mit der Fürsorge für die belgischen Flüchtlinge in Frankreich betraut. 
Auch von der Tätigkeit einzelner Departements erfährt man einiges. Im Eisenbahn- 
Ministerium beschäftigt man sich mit der Verteilung des in Sicherheit gebrachten Bahn 
materials. Von den insgesamt 4700 Lokomotiven der belgischen Staatseisenbahnen be 
finden fich jetzt 4000 in Frankreich, außerdem die große Mehrheit des Wagenparks. Ein 
Teil des belgischen Eisenbahnpersonals ist zeitweise bei den französischen Bahngesellschaften 
angestellt; ungefähr 3000 Eisenbahnbeamte find so untergebracht, ebenso 250 Telegraphisten. 
Der zweite deutsche Generalgouverneur für Belgien 
28. November 1914. 
Generalseldmarschall Freiherr von der Goltz ist von seiner Stellung als 
Generalgouverneur von Belgien enthoben und für die Dauer des mobilen Ver 
hältnisses der Person des Sultans und dessen Hauptquartier zugeteilt worden. Zu seinem 
Nachfolger als Generalgouverneur von Belgien wurde der stellvertretende komman 
dierende General des 7. Armeekorps, Freiherr von Bissing, ernannt. 
Moritz von Vissing wurde 1844 zu Bellmannsdorf in Schlesien geboren, trat mit 19 Jahren in 
das 8. Dragoner-Regiment ein und wurde 1865 Leutnant. Im Feldzuge 1866, in dem sein Regiment 
Gelegenheit hatte, sich bei Nachod besonders auszuzeichnen, erwarb er sich den Kronenorden 4. Klasse 
mit Schwertern. 1870/71 befand sich Leutnant von Bissing im Stabe des Oberkommandos der 
3. Armee, die der Kronprinz Friedrich Wilhelm, der Chef seines Regiments, führte, und erhielt das 
Eiserne Kreuz. Nach dem Kriege kam er bald in den Generalstab, stand als Rittmeister im Königs- 
Husaren-Regiment und wurde als Major 1687 persönlicher Adjutant des Prinzen Wilhelm von 
Preußen, des jetzigen Kaisers. Er blieb nun zwei Jahre in der Umgebung des Kaisers, erhielt dann 
das Regiment der Gardes du Corps, 1893 die 4. Garde-Kavallerie-Brigade, 1897 die 29. Division 
und 1901 als Generalleutnant das 7. Korps. 1902 wurde er General der Kavallerie. 
Freiherr von der Goltz hat sich bei seiner Abreise aus Belgien mit folgendem 
Gouvernementsbefehl verabschiedet: „Bei meinem Scheiden aus der Stellung als 
Generalgouverneur in Belgien rufe ich allen meinen bisherigen Untergebenen ein herz 
liches Lebewohl zu und sage ihnen meinen Dank für die tatkräftige Unterstützung, die 
ich stets von ihnen erfahren habe. Ihnen gebührt das Verdienst, daß es gelungen ist, 
in fremdem, von uns besetztem Lande selbst in den erregtesten Tagen Ruhe und Ord 
nung ohne Blutvergießen aufrechtzuerhalten. Ruhmvoll hat ein erheblicher Teil der 
Gouvernementstruppen an der Seite der Kameraden von der Feldarmee vor Antwerpen, 
an der Schelde und der User gefochten und gezeigt, daß der Geist der Väter in ihnen 
lebt, der zum Siege führen muß. Unerschrocken taten die übrigen den schweren und 
oft gefahrvollen Dienst im Gebiet hinter der Armee. Sie haben sich damit ein gleiches 
Verdienst um das schwerbedrohte Vaterland erworben wie jene. Unvergeßlich wird mir 
die große Zeit bleiben, die ich auf belgischem Boden durchlebte und die mein Herz in 
treuer Erinnerung an meine alten Mitarbeiter und Waffengefährten gefesselt hat. 
Mögen Erfolg und Kriegsglück ihnen auch weiter beschieden sein zum Heile Deutsch 
lands und zum Ruhm seines Kaisers." 
Freiherr von der Goltz, Generalfeldmarschall. 
Die „Vossische Zeitung" schreibt über die Amtstätigkeit von der Goltz': „Die Aera 
Goltz wird in der Geschichte des belgischen Königreiches eine große Rolle spielen, denn 
die Okkupation Belgiens, die mit der Besetzung der Hauptstadt Brüssel markant in die 
Erscheinung trat, fiel zeitlich zusammen mit der Einsetzung des Generalgouverneurs.
	        
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