Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Die Belagerung von Antwerpen 
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aber jedenfalls draußen im Lande wohl verstanden wurden. Die Lichtstgnale unter 
blieben bald, nachdem es unseren Truppen einige Male gelungen war, die Belagerten 
durch Antwortlichtsignale irre zu führen. Ferner fand ein reger Verkehr durch Brief 
tauben statt. Belgien ist ja ein klassisches Geflügelzüchterland und der Brieftaubensport 
blüht hier wie kaum irgendwo. Schließlich ist ganz Belgien mit einem weitoerzweigteu 
System heimlicher drahtloser Funkenstationen bedeckt, die sich naturgemäß nur langsam 
haben aufdecken lassen. Eine Anzahl Funkenmaste kann man noch jetzt, wenn man dar 
auf achtet, an Stellen sehen, wo man sie nie vermuten würde. Sie sind inzwischen 
selbstverständlich alle unschädlich gemacht worden." 
An verschiedenen Stellen hatten die deutschen Truppen den Uebergang über die 
Nethe erzwungen. Wie bei Lierre und Dussel, wo die tapferen Pioniere den nach 
rückenden Truppen den Weg zum Sieg ebneten, hatten sie es auch bei Waelhem mit 
dem Brückenschlag versucht, obwohl an dieser Stelle wegen der tiefeingeschnittenen Ufer 
die Verhältnisse denkbar ungünstig lagen. Der erste Versuch scheiterte in dem fürchter 
lichen Schnellfeuer der Belgier. Man hätte ihn auch hier erzwungen, denn das Wort 
„unmöglich" kennt kein deutscher Soldat. Da kam die Nachricht vom Uebergang unserer 
Truppen bei Lierre und Düffel; damit war auch der Netheabschnilt bis Waelhem für 
die Belgier unhaltbar geworden und wurde von ihnen in Eile geräumt. 
Durch die Einnahme der Redoute Kessel und der schon auf dem rechten Ufer der 
kleinen Nethe gelegenen Redoute Broechem konnte sich die deutsche Augriffsfront immer 
mehr nach Norden ausdehnen. Sobald genügend Truppen am jenseitigen Ufer waren, 
wurden die schweren Batterien weiter vorgezogen und im Schutze ihres gewaltigen Feuers 
mächtige Vorstöße unternommen, die die Belgier bis dicht an die zweite Fortlinie warfen. 
Da nun die schweren Kaliber ungehindert weiter vorgehen konnten, war die Möglichkeit 
gegeben, Antwerpen selbst unter Feuer zu nehinen. 
Hinter der Front der deutschen Belagerungsarmee 
Von Walter Oertel, Kriegsberichterstatter 
Unser Kraftwagen glitt der Hauptstadt Belgiens zu. Wir passierten Namur, dessen 
Befestigungen zum Teil wieder vollendet sein sollen und fahren auf der breiten geraden 
Straße nach Brüssel. Dann gings zur Schlachtfront. Bald hinter Brüssel zeigten zer 
schossene Gehöfte an, wie weit die Ausfälle der Verteidiger von Antwerpen an Brüssel 
heranreichten. Längs der Chaussee nach Mecheln standen deutsche Matrosen zur Siche 
rung. Famose, wetterfeste Leute in den kleidsamen Uniformen. Die Chaussee ist recht 
gut und nirgends von den Belgiern aufgerissen oder zerstört. Unweit der Chaussee 
liegt eine, von unseren Leuten mit hervorragendem Geschick ausgebaute Infanterie- 
stellung mit splitterstcheren Unterständen und Annäherungswegen. Sie ist so geschickt 
ausgebaut und angelegt, daß sie bereits auf eine Entfernung von 200 Metern nicht mehr 
zu erkennen ist. Die englischen und französischen Korrespondenten haben recht, wenn 
sie behaupten, daß die Deutschen die Feldbefestigungskunst auf eine geradezu unerreichte 
Höhe gebracht haben. Etwa 200 Meter vorwärts dieser Stellung liegt eine Schein 
stellung. Ein Schützengraben, in dem die Schützen durch Helme, Käppis und belgische 
Kochgeschirre, neben denen Prügel liegen, sehr geschickt markiert sind. In diesen Schützen 
gräben befanden sich aber auch Menschen, Freiwillige, die, mit reichlichem Patronen 
vorrat ausgerüstet, auch den Anschein tatsächlicher Besetzung dieses Grabens durch ihr 
Feuer zu erwecken suchten. Diese Schützengräben taten denn auch in vollendetstem 
Maße ihre Pflicht und das ganze Schrapnellfeuer der Belgier prasselte auf die Schein 
stellung nieder, während die in der eigentlichen Stellung befindlichen Truppenteile ganz 
verschont blieben.
	        
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