Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Der W ald krieg in den Argonnen 
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nicht daran, daß sie diese überwinden werden (13. November 1914). Der Armeeführer 
will keinen Zoll zurückweichen. Er wird unerbittlich gegen jeden Offizier und Mann 
einschreiten, der nicht bis zum Aeußersten die Stellung und den ihm anvertrauten Posten hält." 
Inzwischen gewannen aber die deutschen Truppen erneut Boden, und auf französischer 
Seite stieg die Unlust am Kriege, die Zahl der dem Feinde in die Hände fallenden Sol 
daten und Maschinengewehre. Dagegen versuchte nur der Oberbefehlshaber der 4. Armee 
und das französische Große Hauptquartier der Ostarmee einzuschreiten. Anfangs Januar 
erschien, von der erstgenannten Stelle ausgegeben, ein Erlaß gegen die zunehmende 
Selbstverstümmelung bei den Leuten. „Seit einiger Zeit", lautet dieser, „sind eine An 
zahl verdächtiger Verwundungen bei Mannschaften verschiedener Truppenteile, vor allem 
bei der Infanterie bemerkt worden. Es hat sich ergeben, daß es sich um Fälle frei 
williger Verstümmelung handelt zu dem alleinigen Zweck, sich seiner Militärpflicht zu 
entziehen." In Anlage 3 dieses Erlasses wird erläuternd hinzugesetzt: „Durch Kriegs 
gericht der 4. Armee vom 18. Dezember 1914 sind wegen Selbstverstümmelung zwecks 
Verlassens des Schlachtfeldes verurteilt worden je ein Mann der Regimenter 151, 34, 
7, 149, 247, 336, 135, 88, Jäger 21 und je zwei Mann vom Kolonialregiment 24 und 
Jäger 19. Das Urteil ist am 19. vollstreckt worden." 
Eine Verfügung des Generals Joffre stellt fest, daß allein in der Zeit vom 20. No 
vember bis 15. Dezember 1914 der Ersatz von 315 Stück Maschinengewehren angefordert 
worden sei. Nachdem der Oberbefehlshaber kurz die Schwierigkeiten betont, die ein der 
artig umfangreicher Ersatz bereite, weist er darauf hin, daß wohl nur ein Teil der Ge 
wehre aus Mangel an Sorgfalt unbrauchbar geworden, daß dagegen aus den verhältnis 
mäßig hohen Verlusten ganzer Maschinengewehrzüge zu schließen sei, viele Maschinen 
gewehre seien in Feindeshand gefallen. Dazu bemerkt der Generalstab des 5. Armeekorps: 
„Diese Verfügung kommt zu gelegener Stunde, da die schmachvolle Panik der 5. Kompagnie 
des Regiments 46 den Verlust von zwei Maschinengewehrzügen gekostet hat." 
Ein anderer Joffrescher Erlaß richtet sich endlich dagegen, daß so zahlreiche franzö 
sische Soldaten in deutsche Gefangenschaft geraten und verfügt, „daß jeder gefangen 
gewesene, nicht verwundete Soldat bei seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft einer Unter 
suchung unterworfen wird." 
Dieser und der vorher genannte Erlaß haben nicht zu verhindern vermocht, daß die 
Zahl der Gefangenen in den Argonnen ständig zunimmt, so daß unmittelbar nach der 
Ablösung des 2. Armeekorps den frischen Truppen sogleich zwei Offiziere, 250 Mann und 
fünf Maschinengewehre abgenommen wurden. 
Aus den Gefangenenaussagen klingt starke Kriegsmüdigkeit hindurch, die wir aber 
nicht ohne weiteres verallgemeinern wollen, da der Gefangene ja nur allzusehr dazu neigt, 
dem Sieger zu Gefallen zu reden, um sich dadurch in eine günstige Lage zu versetzen. 
Weit schärfere Schlüsse vermag man aus dem Briefwechsel zwischen den Soldaten und 
ihren Angehörigen zu ziehen. Wie aus zahllosen Briefen und Tagebuchaufzeichnungen 
hervorgeht, betrachten die Angehörigen den in die Argonnen entsandten französischen 
Soldaten als Todeskandidaten und den aus diesen Kämpfen heil Entkommenen als einen, 
über dessen Haupt die Vorsehung gewaltet haben müsse. 
Ein Mitte Januar 1915 bei einem größeren erfolgreichen Angriffsgefecht gefangen genom 
mener französischer Stabsoffizier (Major Guinard) sagte aus: „Der Angriff der Deutschen 
wurde mit bewunderungswürdiger Energie durchgeführt. Unsere Stellung war schnell 
durchbrochen. Meine Kompagnien hatten den Befehl, sich bis zum äußersten zu halten. 
Darum wurden alle, die nicht fielen, gefangen genommen. Ich selbst bekam einen Schuß 
in den Kopf und weiß von diesem Augenblick an nichts mehr. Ich bin zufrieden, daß 
ich verwundet bin, denn nun brauche ich den Fortgang dieses Krieges nicht mit zu er
	        
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