Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

D i e Kämpfe im Abschnitt Lille — Arr as 117 
Batterien werden lebendig, und bald bekommt man auf der ganzen Linie das schönste 
Konzert aller Sorten von Brummern zu hören. Das gibt dann ein Nachtstück von gran 
dioser, furchtbarer Schönheit. Meine Feldhaubitzen tragen dazu noch ganz besonders bei, 
wenn sie im Bogenschuß feuern. Wie eine Rakete fährt dann der eiserne Gruß, einen 
Kometenschweif nach sich ziehend, in hohem Kreisbogen über das dunkle Land, um drü 
ben, in den feindlichen Linien, mit Heller Feuererscheinung und mit einem Rollen wie 
fernem Donner seine Bahn zu beschließen. Gemütlich sind diese Nachtgefechte allerdings 
nicht; sie stellen an die Nerven aller Beteiligten ganz tüchtige Anforderungen. Zum 
Glück ist meine Batterie bisher von größeren Verlusten verschont geblieben. 
Heute fand in den ersten Morgenstunden, noch bei Dunkelheit, ein gut angelegter 
größerer Angriff der deutschen Infanterie auf die feindlichen Stellungen beim Dorf Nur 
du Bois statt, den wir mit Erfolg durch unser Geschützfeuer unterstützten. Ich mußte fast 
meine ganze Munition verfeuern und bin nun für mehrere Stunden lahmgelegt, bis 
Nachschub von der Munitionskolonne eintrifft. Näheres über den Ausgang dieses Mo» 
genangriffs erfuhren wir nicht, doch sind wir alle des festen Glaubens und der guten 
Hoffnung: Es geht vorwärts!" 
Um La Bass6e 
Langsam geht die Angriffsbewegung der Deutschen auch zwischen Lille und Bcthune 
vorwärts. Die eigenartige Naturbeschaffenheit des zwischen diesen beiden Orten ge 
legenen Landes von Weppes, dessen Mittelpunkt die Stadt La Bassee bildet, kommt 
der hartnäckigen Verteidigung des Feindes zugute und erschwert jedes Vordringen. Die 
Gegend ist ein von Kanälen durchzogenes sumpfiges Wiesenland. 
Von den Kämpfen, die in dieser Gegend stattfanden, war das tagelange Ringen bei 
Festubert wohl am bedeutendsten. Es endigte schließlich, wie die Generalstabsberichte 
zeigen, mit einer empfindlichen Niederlage der Verbündeten. Ein Korrespondent des 
„Daily Mail" berichtet darüber folgende Einzelheiten: 
„Infolge des verzweifelten Angriffs einer starken deutschen Abteilung entstand an einer 
kritischen Stelle in der Linie der Verbündeten eine Bresche. Am 20. Dezember begann 
der deutsche Vorstoß bei dem gänzlich verlassenen Dorfe Festubert, das in der Nähe von 
Bethune liegt. Mehrere Dörfer wurden von den schweren Kanonen der Engländer, 
Franzosen und Deutschen bestrichen. Die englischen Schützengräben, die sich vor den 
Dörfern befanden, waren von indischen Truppen besetzt. An einigen Stellen waren die 
deutschen Schützengräben von denen der Engländer nur rund 40 Meter entfernt. Der 
Angriff der Deutschen begann frühmorgens, indem zahlreiche, mit Handgranaten be 
waffnete Mannschaften Plötzlich aus den Schützengräben hervorsprangen. Wegen der 
geringen Entfernung war es unmöglich, diese Lawine anzuhalten, die sich in die erste 
Linie der englischen Gräben hineinwälzte. Mehrere Stunden kämpften die Indier 
mit ihren Bajonetten und Messern; aber, obgleich die Deutschen schwere Verluste erlitten, 
gelang es ihnen doch, gegen Mittag die Schützengräben zu besetzen. Weder die Engländer 
im Osten, noch die Franzosen im Süden, noch die Deutschen im Westen beschossen die in 
der Mitte liegenden Dörfer, weil sie nicht sicher waren, ob sie vom Freund oder vom 
Feind besetzt gehalten wurden. In diesen Dörfern wurde in jedem Haus und in jeder 
Straße Leib an Leib gekämpft. Später, am Nachmittag rückten englische Verstärkungen 
an, und jetzt begann die kritische Stunde des Tags. Die Deutschen hatten das Dorf 
Givenchy genommen, zu dessen Wiedereroberung zwei Regimenter französischer Terri- 
torialtruppcn von der Seite anrückten. Während der nächsten zwei Stunden erlitten die 
Verbündeten schreckliche Verluste, die Entente wurde mit dem Blute von Franzosen, 
Engländern und Indiern dreifach besiegelt. Es war ein Sturzbach verzweifelter Mann-
	        
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