Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

96 Die Kämpfe an der Westfront bis Mitte Januar 1915 
festgesetzt hatte. Südöstlich von Ipern, zwischen Hollebeke und Wytschaete, gab es heftige 
Zusammenstöße, in denen die Franzosen sich behaupteten. 
Wir haben neuen Aufschluß über das Aufklärungsshstem der Deutschen erhalten. Sie 
versprechen Unteroffizieren das Eiserne Kreuz, wenn sie sich des Nachts an unsere Linie 
heranschleichen. Die Unteroffiziere legen Stiesel, Helm und andere hindernde Gegen 
stände ab, kriechen möglichst nahe an unsere Verschanzungen heran und suchen unsere 
Posten irrezuführen, indem sie Steine in der entgegengesetzten Richtung, aus der sie 
herankriechen, werfen. Unsere Posten feuern dann in der falschen Richtung und ver 
raten so ihre Stellung und die Linie unserer Verschanzungen. Die Späher tragen 
häufig Khakiuniform und Wollkappen wie unsere Mannschaft; in dieser Verkleidung 
gelingt es ihnen manchmal, hinter unsere Linie zu gelangen und die Telephonleitungen 
zu zerstören. Häufig sprechen sie gut Englisch und wissen sich mit größter Geschicklichkeit 
und Unverfrorenheit aus gefährlichen Lagen zu befreien. 
Mit Ausnahme eines Angriffes auf unseren linken Flügel am 17. November blieben 
auch die vier Tage vom 16. bis zum 19. ereignislos. Dafür hat sich aber das Wetter 
geändert. Der Winter ist da. Auf einen trostlosen Nachmittag von Schnee und Tau 
wetter ist eine Frostnacht gefolgt und heute (20. November) morgen herrscht scharfe, 
lichte Kälte, ein vielversprechendes Wetter für die Flieger, die letzthin so behindert waren. 
Ipern ist nach wie vor in unseren Händen; die Deutschen sind der Stadt nur wenig 
näher gekommen." 
Ueber den jähen Umschwung in der Witterung berichtet ähnlich der Korrespondent der 
Amsterdamer „Tijd": „Der unerwartet eingetretene Winter hat einen überaus hemmen 
den Einfluß auf die Operationen. Die Kälte ist eisig. Nasser Schnee wirbelt umher, dringt 
in Augen und Ohren und erschwert den Felddienst sehr. Der weiche, breiige Boden des 
flandrischen Landes, das von so vielen kleinen Kanälen und Gräben durchschnitten wird, 
ist äußerst beschwerlich für große Truppenmassen und den Transport der Geschütze. Erst 
hat es geregnet, darauf geschneit, und jetzt ist alles Schlamm und Kot. Viele Laufgräben 
sind ganz überschwemmt und zu kleinen Flüssen geworden." Auch aus den deutschen 
Generalstabsmeldungen geht hervor, daß von Ende November an jede großzügige Opera 
tion durch die Witterung unmöglich gemacht worden war. Man richtete sich auf beiden 
Seiten auf die Ueberwinterung ein. 
Der amtliche französische Gesamtbericht gibt die Verluste der Deutschen vor 
Ipern auf insgesamt 20000 Tote an. Diese Zahl ist viel zu hoch gegriffen, Wohl in 
Rücksicht auf die eigenen Verluste. Denn der militärische Mitarbeiter der „Times" berech 
net allein die englischen Verluste auf 50 000 Mann (Tote, Verwundete und Gefangene), 
wovon 5500 auf das indische Korps entfallen. Der Mitarbeiter fährt fort: „Wir müssen 
zugeben, daß die deutschen Truppen trotz schrecklicher Verluste noch immer zahlreicher sind- 
als wir und daß sie starke Stellungen haben. Sie besitzen eine furchtbare Artillerie, die 
zerstreut aufgestellt und wohl verborgen ist. Die schweren Geschütze haben noch die Ober 
hand und begraben beständig unsere Leute, wobei ganze Abteilungen der Laufgräben zer 
stört werden. Ihre Scharfschützen sind kühn und hartnäckig. Ihre Grabenmörser und- 
Granaten verursachen uns beständig Verluste und obwohl ihre Aufklärung in der Luft 
seltener wurde, erscheinen doch noch Tauben und Albatrosflugzeuge über uns und be 
obachten, was wir tun. Die englischen Offiziere und Unteroffiziere sind in schrecklicher 
Weise geschwächt. Wir haben fast die ganze reguläre Reserve und den besten Teil der 
Spezialreserve vieler Korps an die Front gebracht. Wenn die Depots nicht länger im 
stande sind, einen guten und regelmäßigen Ersatz zu schicken, würde die Armee an der: 
Front gern einen Teil der neuen Armee als Ersatz begrüßen. Wir brauchen jeden Mann,, 
den wir auftreiben können."
	        
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