Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

Der flandrische Kriegsschauplatz 
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Am 23. Oktober, im „Augenblick der höchsten Not," wie es in einem amtlichen belgischen 
Bericht heißt, kamen die ersten französischen Verstärkungen, zuerst eine Division, 
dann ein ganzes Armeekorps. Sie nahmen Ramskapelle zurück, das die Belgier aufge 
geben hatten, (acht Tage später holten es sich die Deutschen allerdings wieder) und be 
setzten an ihrer Stelle die Eisenbahnlinie, während sich das belgische Heer hinter dieser 
Stellung neu ordnete. Südlich von Dixmuiden bezogen die Franzosen Stellungen längs 
des Kanals, vor Ipern beschrieb ihre Linie einen Halbkreis nach Osten, gebildet von vier 
französischen und einem englischen Armeekorps. Dann bog die Linie südlich gegen 
Armentivres ab, zwei Abschnitte bildend, wovon der eine vom übrigen englischen Heer, 
der andere von französischen Truppen besetzt war. 
Den Abschnitten in der Aufstellung der feindlichen Armee entsprechen auch deutlich 
abgegrenzte Abschnitte in der Gliederung des Geländes. Dieses läßt sich in drei 
Teile zerlegen: in das Ueberschwemmungsgebiet von Nieuport, das Gelände südlich 
davon bis Ipern und den Höhenzug zwischen Ipern und Armentiöres. Das erste Ge 
biet ist durch Herbeiführung von Ueberschwemmungen leicht für jede kriegerische Opera 
tion unbrauchbar zu machen. Das südlich anschließende Gelände bis Ipern ist beson 
ders im nördlichen Teil bis Merckem ein Gewirr von Kanälen, die unzählige kleine 
Abschnitte bilden. Der bedeutendste dieser Wasserläufe ist der Iser-Ipernkanal, mit 
seinen hohen Flutdämmen und seinem breiten Wasserspiegel ein stärkeres Hindernis als 
der Netheabschnitt südlich von Antwerpen (vgl. II, S. 155 ff.). Weitere Hindernisse 
dieses Gebiets sind zahlreiche kleine Waldstücke, viele kleine Ortschaften, Einzelhöfe und 
eingezäunte Wiesen. Südlich von Merckem ist das Gelände etwas weniger schwierig; 
es zerfällt durch die weniger hinderlichen Kanäle von Bennelbeck und Poperinghe nur 
in drei Abschnitte. Südlich von Ipern ändert sich das Bild vollkommen. Zwischen 
Ipern und Armentiöres liegt ein kleiner Höhenzug, der nach Westen ansteigt und mit 
einzelnen überhöhenden Kuppen der Verteidigung gute Artilleriestellungen bietet. 
Es ist nicht möglich, auf Grund der einzelnen, verstreuten Nachrichten und Schilde 
rungen von dem nun einsetzenden monatelangen Ringen in Flandern ein völlig zu 
sammenhängendes, geschlossenes Bild zu geben. Unsere Darstellung beschränkt sich auf 
die Herausarbeitung der Grundlinien und der Höhepunkte. 
Die ersten Kämpfe um Dixmuiden 
Am heftigsten tobte der Kampf nach dem 10. Oktober um den Besitz der Stadt Dix 
muiden. Ein Redaktionsmitglied der „Leipziger Neuesten Nachrichten", das an den 
damaligen Kämpfen um Dixmuiden teilgenommen hat, berichtet darüber: „Die Schlachtfront 
geht hinunter bis Poperinghe. Der Feind hat stark befestigte Stellungen hinter dem breiten 
Kanal eingenommen, an dem die Stadt Dixmuiden liegt. Wir versuchten es erst, ihn mit schwerer 
Artillerie aus seinen Stellungen herauszutreiben, und den ganzen ersten Tag und auch den fol 
genden sandten die schweren 2l om-Feldhaubitzen ihre eisernen Grüße in die feindlichen 
Stellungen. Allein die hinter dem Kanal verschanzten Franzosen und Belgier, die noch 
durch Engländer verstärkt waren, wankten und wichen nicht. Sie hatten, wie wir in 
Erfahrung brachten, Befehl erhalten, die Stellung bis zum Aeußersten zu halten. Unsere 
Leute schoben sich unter ungeheuren Aitstrengungen, oft auf dem Bauche, über Moor und 
Wiesen, häufig tief einsinkend, an Dixmuiden heran. . . Am Abend des 22. Oktober 
war die Infanterie bis an den Kanal vorgedrungen und die Pioniere sollten unter dem 
Schutze der Dunkelheit versuchen, Pontons zu schlagen. Bis in die späte Nachtstunde 
wurde deshalb trotz der Finsternis das Feuer aus den Schützengräben unterhalten. Den 
ganzen folgenden Tag wurde der Kampf nur aus den Schützengräben fortgesetzt. Unter 
dem Schutz der letzten Granaten buddelten sich die Infanteristen wieder ein und unter- 
Böllerkrieg. III. 6
	        
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