Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

146 Die Entwicklung der Schlachtlinie im Westen bis zum Kanal 
Ganze hat nur eine knappe Stunde gedauert. In dieser Spanne Zeit haben 800V 
Feinde das Leben lassen müssen. Unheimlich sieht es aus: wohin das Auge blickt, nichts 
als Tote und Verwundete, Jammern und Schreien. Schrecklich, schrecklich! Ich war 
säst ohne Besinnung. Unsere Schwadron mußte die schwerverwundeten Pferde erschießen. 
Es waren etwa 700. Die andern Pferde waren tot, ganz gesund blieben keine hundert." 
Bayernstückchen 
In den Gefechten, die in der Gegend Gebweiler-Thann sich abspielten, wurden etwa 
fünfzig Bayern von den Franzosen abgeschnitten und gefangen genommen. Die Freude 
der Franzosen war groß, denn die ebenso gehaßten wie gefürchteten Bayern gefangen 
genommen zu haben, war eine große Heldentat. Schon bei der Entwaffnung suchten 
die Franzosen ihr Mütchen an den Gefangenen zu kühlen, wobei sie wenig gentleman- 
like vorgingen. Einige Fußtritte mit grobgenagelten, bayerischen Kommisstiefeln lehrten 
die Franzosen jedoch bald höflicher sein, woraus auch unsere Bayern sich scheinbar in 
ihr Geschick ergaben. Der Abtransport nach Frankreich sollte stattfinden, und der Ge 
fährlichkeit der Bayern Rechnung tragend, waren den fünfzig unbewaffneten Gefangenen 
achtzig schwerbewaffnete Begleitmannschaften mitgegeben worden. Durch einige Dörfer 
ging es, und da die Gefangenen willig mitgingen, schwoll den Franzosen allmählich der 
Kamm, und sie machten ihrem gepreßten Herzen in Flüchen über die verdammten Bayern und 
in fortwährendem Antreiben zu schnellerem Marschieren Lust. Die Bayern waren 
wütend, doch noch war es nicht Zeit und die Gelegenheit zum Raufen nicht gekommen. 
In einem Dorfe, unweit der Grenze, fühlten sich die Franzosen so sicher, daß sie be 
schlossen, im Wirtshaus ihren Durst zu löschen. Sie ließen jedoch zehn Mann zur 
Bewachung der Gefangenen zurück. Jetzt war die Zeit für die Bayern gekommen. 
Sich auf die Bewachungsmannschaften stürzen und sie beim Halse fassen war eins. 
Nachdem sie abgetan waren, bemächtigten sich die Bayern der in Pyramiden zusammen 
gesetzten Gewehre und jetzt hinein ins Wirtshaus. Von den Franzosen entkam keiner, 
die Bayern machten glatte Arbeit. Auch die französischen Kolben bewährten sich beim 
Dreinschlagen, und standen in nervigen Bayernfäusten den deutschen Kolben wenig nach. 
Mil französischer Bewaffnung zogen die Bayern dann wohlgemut wieder heimwärts, 
und es gelang ihnen sogar, auf dem Rückwege noch eine französische Provianikolonne 
von vier Wagen mitgehen zu lassen. Wohlbehalten kamen sie bei ihrem Regiment an, 
wo sie jubelnd begrüßt wurden. 
* * * 
Der bayrische Reservist Vogel hat das Verdienst, tausend Kameraden vom sicheren 
Tod des Ertrinkens gerettet zu haben. Sein Bataillon wollte den leergelaufenen Saar- 
burg-Saarbrückener Kohlenkanal als Deckung zur Annäherung an den Feind benutzen. 
Die Kanalstrecke bot den Bayern eine günstige Gelegenheit, unbemerkt und geschützt an 
den Feind heranzukommen. Beigegebene Pioniere sollten dann später den Truppen die 
Möglichkeit geben, wieder aus dem Kanal mit seinen steilen Betonwänden herauszu 
kommen. Die Pioniere nagelten mit kleinen Brettern Stufen in die Betonwände, aber 
sobald ein Soldat versuchte, auf dieser Leiter aus dem Kanal zu steigen, wurde er ab 
geschossen. Auf einmal öffneten sich langsam die Tore einer weiter oben angebrachten 
Schleuse, und mit Gewalt schossen die Wasser in den Kanal. In kurzer Zeit stand das 
Bataillon bereits bis an die Patronentaschen im Wasser, und wenn es den französischen 
Pionieren an der Schleuse gelang, die Schleusentore weiter zu öffnen, mußten die tausend 
Leute in der überfluteten Kanalstrecke rettungslos ertrinken. Die Kriegslist der Fran 
zosen schien schon gelungen zu sein, als sich Vogel, der dem Bataillonsstab als Radfahrer 
zugeteilt war, erbot, den Versuch zu machen, die Arbeit der französischen Pioniere durch
	        
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