Volltext: Der Völkerkrieg Band 2 (2 / 1915)

D i e Ausdehnung der Schlachtfront nach Norden 139 
vor. Erst als es den Franzosen gelang, eine Reihe Schnellfeuerbatterien herbeizuziehen, 
vermochten sie das Vordringen ihres Gegners aufzuhalten. Am 29. September setzten 
die Deutschen ihre Anstrengungen noch fort. Eine deutsche „Taube" flog während der 
Kämpfe über die kleine Stadt Albert, die in zehn Minuten von den Granaten des 
Fliegers wie ein Kartenhaus zusammengeworfen wurde. Die Bewohner flüchteten nach 
Amiens; die ganze Straße war voll von Flüchtlingen. Ueber der in Flammen stehenden 
Stadt sah man abends rote Garben zum Himmel auflodern, aus denen sich ganz 
unbeschädigt die Kirche mit ihrem hohen Turm und dem vergoldeten Marienbild heraushob." 
Die Kämpfe um Arras 
Am 1. Oktober hatte sich die Front bis in die Gegend von Arras ausgedehnt; der 
Kampf tobte hauptsächlich auf der Linie Arras—Albert—Roye. Der Kriegsbericht 
erstatter der „Times" befand sich während des schweren und langen Ringens um Arras 
in der Stadt und war mit der französischen Artillerie im Feuer. Am 30. September 
war er über das völlig ruhige und tote Arras bis nach Vitry en Artois hinausgegangen, 
mußte aber am frühen Morgen des nächsten Tages in aller Hast den Ort verlassen, 
da die Deutschen anrückten. Als er nach Arras zurückkam, war die Stadt zu einem 
großen militärischen Mittelpunkt geworden, in den Straßen stauten sich Artillerie und 
Infanterie. Die Schlacht tobte schon in der Umgegend, und als die Dunkelheit herein 
brach, strömten Scharen ermüdeter, beschmutzter und verwundeter Soldaten in endlosen 
Reihen in die Stadt. „Das Schlachtenglück," schreibt der Korrespondent, „war den 
Franzosen nicht hold; sie müssen zurück. Cambrai ist geräumt; ob die Deutschen es 
schon genommen haben, ist ungewiß. Die Lazarette in Arras füllen sich immer mehr. 
Die Deutschen, die bedeutende Verstärkungen erhalten haben sollen, sind so weit vor- 
-gerückt, daß ihre Granaten bereits wenige Kilometer von der Stadt explodieren. In der 
folgenden Nacht finden große Truppendurchmärsche statt. Schwadron auf Schwadron 
ermüdeter Dragoner reitet durch die Straßen." Am nächsten Morgen setzt der Bericht 
erstatter seine Beobachtungen fort: „Wir sehen die Munitionswagen, die aus der Feuer 
linie fahren, sehen die Verwundeten, die hereingebracht werden. Ueber die Eisenbahn 
linie weg können wir nach der deutschen Stellung im Südosten blicken. Plötzlich ist ein 
französisches Flugzeug am blauen Himmel aufgetaucht. Es zieht seine Kreise über der Stellung 
des Feindes. Zwei Blitze am Himmel und zwei Wölkchen grünlich-gelben Rauchs, die 
deutschen Kanonen haben Schrapnells nach oben geschickt. Sie explodieren weit von 
ihrem Ziel. Der unerschrockene Flieger schraubt sich höher und höher. Nun kommt 
ein anderes Flugzeug in Sicht, es ist eine deutsche Taube. Ein aufregender Kampf in 
der Luft setzt ein. Die Flugzeuge nähern sich und eröffnen das Feuer aufeinander, aber 
ohne Erfolg. Das deutsche Flugzeug kreist dann tiefer über der französischen Stellung. 
In einem Augenblick ist es von Flammen und Rauch umschlossen. Sechs Schrapnells 
explodieren hintereinander rings um die Maschine; doch sie wird nicht herabgeholt, 
sondern unversehrt fliegt sie wieder fort, und auch unser Flieger kehrt zurück. Der 
Feind rückt vor; das Kanonenfeuer läßt nach. Wir sind jetzt im freien Feld. Keine Hecken 
versperren die Aussicht, und eine großartige Schlachtszene entfaltet sich vor uns. Gerade 
uns gegenüber am südlichen Horizont schlagen die Flammen aus einem in Herbstlaub 
gebetteten Bauerngehöft. Wie Trauerfahnen flattern die Rauchschwaden am Abend 
himmel. Ein schmaler Weg läuft südöstlich durch das Gelände. Da ist eine fran 
zösische Batterie in Tätigkeit. Durch das Fernglas sind die Artilleristen mit ihre» 
dunkelblauen Uniformen zu erkennen, wie sie die Kanonen bedienen. Weiter im Südosten, 
wo Cambrai liegt, ragt ein Gehölz gegen den Horizont. Hinter diesem Gehölz geht 
französische Infanterie vor. Rauchwölkchen schweben am Himmel, Flammen zucken über
	        
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